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Dem Chef vom Dienst eine Notiz an den Monitor geheftet (»Bin mal kurz nach Schweden gefahren«), der Inlandsredaktion eine Pizza geklaut, und dann ging es auf, auf zum Kampf unter der Fahne der Gerechten. Das war am 10. Juni 2001 in Berlin.

Aus aufrichtiger Empörung über die Schlechtigkeit der Welt und des Kapitalismus im Besonderen vollbrachte ich gute Taten am Rande des EU-Gipfeltreffens in Göteborg. Nach getaner Arbeit plagte mich auch hier wieder der Pizzahunger. In Göteborg gibt es eine hervorragende Pizzeria, aber auch ein unfreundliches MEK, das keine Rücksicht darauf nimmt, ob man schon aufgegessen hat oder nicht.

Das Gericht zeigte sich beeindruckt, als die Polizei eine 22minütige Doku meines sportlichen Aktivismus auf DVD präsentierte. Die Justiz würdigte diese Straßenperformance und ließ mich die nächsten 16 Monate die Vorzüge des sozialdemokratischen Strafvollzugssystems in Schweden genießen.

Doch damit war in der letzten Woche Schluss, time to say goodbye! Es ging nach Hause! Also, schnell die Hände der anderen Verbrecher geschüttelt und den netten Axtmörder aus der Nachbarzelle zum Abschied umarmt. Sechs Beamte eskortieren mich zum Flughafen. Als das Flugzeug startet, bin ich vermutlich der glücklichste Abschiebehäftling der Welt.

In Berlin-Tegel werde ich von der schwedischen Polizei an den deutschen BGS übergeben. Der hat gleich ein paar blöde Fragen vom Staatschutz für mich parat und braucht eine Ewigkeit, um vom Staatsanwalt die Erlaubnis zu bekommen, mich laufen zu lassen.

In der Flughafenhalle warten 50 Freunde und Bekannte auf mich, um mich mit Applaus, Blumen, Sekt und einem großen Transparent zu begrüßen: »Hinfahren - einfahren - heimfahren: Willkommen zuhause, Björn!« Eine Gruppe Antifa-Brachialkomiker ist mit einem anderen Transparent gekommen: »Deutsche Täter sind keine Opfer!«

Die Jungle World-Begrüßungsdelegation war da etwas sensibler, steckte aber mit ihrem Spruchband (»Knastarbeit ist doof! Selbst- statt Fremdausbeutung!«) im Stau und kam viel zu spät, um mich noch anzutreffen.

Zurück in der Bergmannstraße: Das Feuilleton ernennt mich zum Franz Biberkopf des Dschungel.