Asylreferendum in der Schweiz

Glückliche Verlierer

Trotz der Abstimmungsniederlage am Sonntag der vorletzten Woche war die »Volksinitiative gegen Asylmissbrauch«, die von der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) initiiert wurde, ein voller Erfolg für die Partei. Sie erreichte ihr politisches Ziel, den permanenten Druck von Rechtsaußen auf die Asylpolitik noch weiter zu erhöhen.

Die Debatten über die faktische Abschaffung des Asylrechts haben zudem die Vorherrschaft der Rechtspopulisten weit über das Thema Asyl hinaus gefestigt. Die antirassistische Linke ist dagegen, nach einigen vermeintlichen Erfolgen der Sans-papiers-Bewegung, schwächer denn je.

Die Initiative scheiterte an rund 3 000 Stimmen, nur 50,06 Prozent der Teilnehmer stimmten dagegen. In der Deutschschweiz befürworteten in ländlichen Regionen sogar mehr als 60 Prozent die Vorlage, in der gefordert wurde, alle Flüchtlinge pauschal von der Asylgewährung auszuschließen, die über einen so genannten sicheren Drittstaat in die Schweiz einreisen.

Da das Land ausschließlich von »sicheren Drittstaaten« umgeben ist und etwa 98 Prozent der Asylsuchenden auf dem Landweg kommen, hätte die Annahme faktisch die Abschaffung des Asylrechtes bedeutet. Asylgesuche hätten höchstens noch bei einer Schweizer Botschaft im Ausland oder an den Flughäfen eingereicht werden können.

Als erste Umfragen im Oktober eine große Zustimmung zur Initiative voraussagten, schaltete sich sogar der Uno-Hochkommissar für Flüchtlinge, Ruud Lubbers, in den Abstimmungskampf ein: »Kein anderes Land ist so weit gegangen. Ich würde es äußerst beunruhigend finden, wenn die Schweiz zu demjenigen Land in Europa würde, in dem Flüchtlinge am wenigsten willkommen sind.«

In der Schweiz wurde dagegen vor allem mit verfahrenstechnischen Gründen gegen die Initiative argumentiert. Die Abschiebung der ungebetenen Gäste sei schwierig und die Drittstaatenregel sei als solche nicht praktikabel, daher trage die Initiative nicht zur Beseitigung der Missstände im Asylwesen bei, hieß es. Jean-Daniel Gerber, der Direktor des Bundesamtes für Flüchtlinge, betonte: »Die Initiative gibt eine falsche Antwort auf eine richtige Frage.«

Die Justizministerin Ruth Metzler, die sich schon seit langem im vorauseilenden Gehorsam gegenüber der SVP übt, erklärte nach der Abstimmung, sie wolle nun die Ängste und den Unmut in der Bevölkerung noch ernster nehmen. »Zum Schutz aller unbescholtenen Asylsuchenden« versprach sie nicht nur konsequent gegen jene vorzugehen, die das »Schweizer Gastrecht« missbrauchten, sondern auch die Asyl- und Ausländergesetze weiter zu verschärfen.

Neue Sperrzonen für mutmaßliche schwarze Drogendealer wurden in den vergangenen Monaten bereits in Zürich eingeführt. Zuvor waren junge Männer aus Zentralafrika wieder vermehrt zur Projektionsfläche rassistischer Stereotype geworden. Berichte über eine leichte Zunahme der Asylgesuche von jungen Männern aus Westafrika führten dazu, dass ein Problem für die innere Sicherheit der Schweiz heraufbeschworen wurde.

Das hilft vor allem der SVP, die in den Umfragen weiter auf dem Vormarsch ist. Da im nächsten Jahr Wahlen bevorstehen, werden sich die anderen Parteien noch mehr darum bemühen, auf die fremdenfeindlichen Ressentiments ihrer Bevölkerung einzugehen.