Die dänische Linke und Israel

Boykott Or Not

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Gemeinsam demonstrieren wollten Linke aus verschiedenen Ländern beim EU-Gipfel in Kopenhagen schon. Aber auch gegen Israel? Einigen deutschen Antifagruppen war diese Vorstellung nicht geheuer, sodass sie sich mit einem offenen Brief an ihre »lieben Genossen vom nordischen Netzwerk für eine alternative Globalisierung« wandten. Den Unterzeichnern sei es nicht möglich, so hieß es darin, für eine Demonstration zu mobilisieren, deren Parolen und Inhalte eine Nähe zum Antisemitismus nicht ausschließen können.

Als »Teil einer konstruktiven und respektvollen Debatte zwischen Genossen« wollten die Antifas diese Kritik verstanden wissen. Den Anlass des Schreibens bildete eine linksradikale Demonstration während des EU-Gipfels Mitte Dezember, bei der unter anderem zum Boykott Israels aufgerufen werden sollte.

Viel genützt hat das höfliche Schreiben indes nicht. An einem »kritischen Dialog« zum Thema Israel scheint im nördlichen Europa niemand interessiert zu sein. Schließlich gilt bis in die letzten Winkel der so genannten radikalen Linken eine antizionistische Haltung als selbstverständlich.

Wenig überraschend fiel daher auch die Antwort der Globale Rødder (Globale Wurzeln) aus, eines Netzwerks der dänischen Globalisierungsgegner, die sich an der italienischen Disobbedienti-Bewegung orientieren. In ihrer Erwiderung wiesen sie eine mögliche Nähe zu antisemitischen Positionen lapidar zurück. Wegen des unterschiedlichen geschichtlichen Hintergrundes sei diese Gefahr in Dänemark im Vergleich mit anderen Ländern einfach nicht so groß.

Außerdem habe eine Kritik am Siedlungsbau und an Menschenrechtsverletzungen in Israel nichts mit Antisemitismus zu tun. Zugleich wurde jedoch der antizionistische Konsens des Netzwerkes verdeutlicht: Auf einer Aktion der Globalen Wurzeln werde keine Bekundung der Solidarität mit Israel akzeptiert.

Dass diese Aussage wörtlich zu nehmen war, konnte wenig später eine Gruppe aus Halle erleben, die auf der Demo der »Ungehorsamen« ihr Transparent wieder einpacken musste. Aktivisten von Globale Rødder, die unter anderem T-Shirts mit der Aufschrift »Burn, Israel, Burn« trugen, forderten sie auf, die Worte »Gegen Antizionismus« von ihrem Transparent zu entfernen. Selbst die Aussage »Gegen Antisemitismus« erschien ihnen als proisraelisch und war deshalb unerwünscht.

Dass diese Haltung nicht auf die linksradikale Szene beschränkt ist, zeigte sich schon vor einigen Wochen bei einer Großdemonstration gegen die rechtskonservative Regierung in Kopenhagen. Ein Redner verglich damals den israelischen Ministerpräsidenten Ariel Sharon mit Adolf Hitler, ohne dass jemand protestierte.

Die so genannte Friedenswache, die seit Mitte Oktober ihre Zelte vor dem dänischen Parlament aufgeschlagen hat, fordert auf einem Plakat, dass »Israelis, die ihre Regierung unterstützen, mit dem deutschen Volk, dass Hitler unterstützt hat, gleichzusetzen sind«.

Auch die Anarchistische Föderation verhält sich nicht viel anders. In ihrem Buchladen liegt derzeit eine Erklärung aus, die sich mit dem Vorwurf des Antisemitismus beschäftigt. Die Föderation lege Wert darauf, dass ihre antizionistischen Positionen nicht mit antisemitischen Einstellungen in Verbindung zu bringen seien. Illustriert wird diese Erklärung mit einer Karikatur von Sharon, der einen Baseballschläger in der Hand hält und auf dessen Arm ein Dollarzeichen abgebildet ist.