Schwarz-grün sehen

ich-ag der woche

Hallo, Oswald Metzger! Schön, dass es Sie gibt! Wenn auch nicht mehr in der grünen Fraktion im Bundestag, so wenigstens als Autor der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Wie haben wir in der vorigen Woche Ihr dort veröffentlichtes Plädoyer für schwarz-grüne Koalitionen genossen! »Ich bekenne, schon für schwarz-grüne Allianzen geworben zu haben, als Helmut Kohl noch Kanzler war«, gestanden Sie mutig. Und die überzeugende Begründung lieferten Sie gleich mit: »Schwarz-grün symbolisiert das Aufbrechen von Tabus, versinnbildlicht die Bereitschaft, im Interesse der dringend notwendigen gesellschaftlichen Erneuerung aus den eingefahrenen Pfaden des politischen Establishments auszubrechen.«

Der Bundestag ist zweifellos ärmer geworden ohne Sie. Denn wer außer Ihnen könnte so tolle Sätze zu Papier bringen wie diesen: »Nicht der allmächtige Staat ist für das Glück seiner Bürgerinnen und Bürger zuständig, sondern die Menschen selbst sind es.« Oder diesen: »Subsidiarität, nicht Vollkaskomentalität muss Leitgedanke eines neuen solidarischen Gesellschaftsvertrages sein.« Genau. Endlich sagt das mal einer.

»Also müssen auch nichtmaterielle Werte wieder ins Blickfeld rücken: Nachbarschaftshilfe, ehrenamtliches Engagement, Zeit für sich selbst und die Familie«, empfehlen Sie am Ende Ihres Bewerbungsschreibens, sodass wir uns eigentlich nur noch fragen: Was wollen Sie eigentlich werden unter einem Kanzler Roland Koch? Gesundheitsminister? Wirtschaftsminister? Vizekanzler? Oder brauchen Sie noch viel, viel mehr Zeit für sich selbst? Nein? Na dann, viel Glück!

paul urban