LeserInnenworld

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Jungle World, 4/03: »Leserinnenworld«

Ignoranter Leserbriefschreiber

Der Leserbrief von Mumu ist symptomatisch für die larmoyante Haltung des enttäuschten linken Rezipienten, der die Welt nicht mehr mag und deswegen über seine Zeitung schimpfen muss. Inhaltliche Kritik ist da Nebensache. Die Ignoranz und der Mangel an Interesse, über die er sich beschwert, sind bei ihm selbst auszumachen. Gerade der kurze Artikel »Pop und Politik« drückt ironisch und leicht, ohne oberflächlich zu sein, die Haltung der Jungle World aus, die sich so wohltuend von anderen Publikationen abhebt: Politik, die sich in Sechzigerjahre-Tapeten verwandelt, ein Kulturminister, der durch die Gänge seiner Behörde tänzelt, Tropicalismo auf den Lippen. Wer das nicht komisch findet, soll sich der ernsthaften Lektüre des Telekom-Magazins hingeben.

emilia von rülbenshoff-strolckonowsky

Jungle World, 1-2/03: »Endloses Sterben«

Wichtig ist der Widerstand

Dass der Anlass des Todesfastens die Einführung der Iso-Knäste (F-Typen) in der Türkei ist, findet in dem Beitrag zwar Erwähnung, die Problematik dieser F-Typen bleibt aber außen vor. Das ist auch nötig, denn sonst hätte Herr Yücel erklären müssen, dass dort absolute Isolation herrscht, dass die Menschen nach kurzer Zeit verrückt werden, dass die Selbstmordrate in diesen Knästen extrem hoch ist, dass dort auch physische Misshandlungen bestialischer Art an der Tagesordnung sind, dass die Verteidigungsrechte der Gefangenen massiv beeinträchtigt werden, dass die Besuchs- und andere Gefangenenrechte systematisch mit den Füßen getreten werden usw. Dann aber wäre bei den LeserInnen vielleicht so etwas wie Verständnis für das Todesfasten entflammt. Denn selbst wenn die Kampfform des Todesfastens für fragwürdig erachtet würde, so käme dann doch der Gedanke auf, dass vielleicht nicht die von euch dämonisierte DHKP-C die Gefangenen in den Tod treibt, sondern die F-Typen. Ich habe für mich festgestellt, dass die Form des Widerstands nicht das Entscheidende ist. Wichtig ist, dass Widerstand geleistet wird und Öffentlichkeit darüber hergestellt wird, wogegen Widerstand geleistet wird.

volker gerloff

Jungle World, 52/02: »Wir sind die Moslems von morgen«

Ein gelassener Gläubiger

Ich bin ein »Verfechter« der islamischen Wirtschaftsordnung, weil ich diesen Ansatz als einen islamischen und konstruktiven Beitrag zur Gerechtigkeitsdebatte sehe. Ich habe auf vielen Reisen nach Asien und Afrika die Folgen des globalen Kapitalismus für die Menschen kennengelernt. Unsere Kritik spart auch muslimische Kapitalisten nicht aus. Ich bin aber kein Politiker, Parteigänger oder Ideologe. Meine persönliche Quintessenz und Hoffnung liegt im Gebet und in der Gelassenheit – nicht in politischen Parteiungen oder Ideologien. Die Jungle World verschweigt ihrer Leserschaft, dass ich bzw. die Islamische Zeitung als einziger Muslim in Deutschland mich öffentlich glasklar von Selbstmordattentaten distanziere und distanziert habe. Ein Umstand, der uns übrigens viele Abonnenten gekostet hat.

andreas rieger