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Feindliche Elemente

China. Die besorgten Bürokraten der KP hatten nicht allein das Gerichtsgebäude in Liaoyang weiträumig absperren lassen, sondern die Polizei auch in den benachbarten Arbeitervierteln postiert. Man befürchtete zum Beginn des Prozesses gegen Yao Fuxin und Xiao Yunliang am Mittwoch der vergangenen Woche offenbar Solidaritätsaktionen. Den beiden Angeklagten wird vorgeworfen, bei den Arbeiterprotesten im März des vergangenen Jahres eine führende Rolle gespielt, einen »Umsturz des sozialistischen Systems« versucht und sich dabei auch noch mit »feindlichen Elementen« verbündet zu haben.

Die Demonstrationen, an denen in Liaoyang und anderen Städten Nordwestchinas mehrere Zehntausend Menschen teilnahmen, richteten sich gegen die Privatisierungspolitik der Regierung und forderten Unterstützung für die entlassenen Arbeiter. Obwohl unter anderem der internationale Gewerkschaftsverband ICTFU gegen den Prozess protestierte, dürfte die chinesische Regierung ein hartes Urteil durchsetzen, um zu verhindern, dass auch andere der fünf Millionen Entlassenen und 200 Millionen Landflüchtigen sich für ihre Interessen organisieren.

Mehr Bier!

Venezuela. Die venezolanische Regierung hat ihrem linkspopulistischen Ruf wieder einmal Ehre gemacht. »Wir verteilen dieses Produkt an die Bevölkerung, weil kollektive Rechte über individuellen Rechten stehen«, erklärte Luis Felipe Acosta Carles, ein General der Nationalgarde, nachdem seine Soldaten am Freitag der vergangenen Woche die Coca-Cola-Abfüllanlage in Caracas besetzt hatten. Auch die Produkte der Brauerei Polar wurden von der Nationalgarde sichergestellt.

Die Stimmung bei Demonstrationen für den Präsidenten Hugo Chávez mag nun fröhlicher werden, doch das Klima für Verhandlungen mit der Opposition hat sich durch die Aktionen schwer bewaffneter Soldaten nicht verbessert. Offenbar will Chávez ein Ende des seit mehr als sechs Wochen andauernden Streiks erzwingen oder die Opposition zumindest spalten. Da die »Terroristen und Faschisten« unter den Streikenden keinerlei Kompromissbereitschaft zeigen, erwäge seine Regierung ihr Team »vom Verhandlungstisch zurückzuziehen«, drohte Chávez am Sonntag.

Uribe ruft nach Hilfe

Kolumbien. Drogenhandel und Terrorismus, so sieht es der kolumbianische Präsident Alvaro Uribe, seien »schlimmer als der Irakkonflikt«. Damit die Streitmacht seiner Soldaten und Polizisten, die in diesem Jahr auf 260 000 anwachsen soll, im Kampf gegen die knapp 25 000 Guerillas nicht so allein dasteht, wünscht Uribe weitere ausländische Hilfe. Es müssten daher, von den USA geführt und von europäischen Staaten unterstützt, ähnliche Maßnahmen wie gegen den Irak erwogen werden.

Das Interesse der EU, sich an einem solchen Unternehmen unter dem Kommando Washingtons zu beteiligen, dürfte gering sein. Die USA dagegen haben ihr militärisches Engagement in Kolumbien verstärkt. In der vergangenen Woche trafen 70 Soldaten der US Special Forces in der umkämpften Provinz Arauca ein. Sie sollen kolumbianische Truppen für den Schutz der durch dieses Gebiet führenden Pipeline trainieren, die von den Guerillagruppen Farc und ELN im vergangenen Jahr mehr als vierzigmal angegriffen wurde. Es ist der erste Einsatz der USA in Kolumbien, der auch offiziell nichts mit dem »Krieg gegen Drogen« zu tun hat.

Atempause bis zur Wahl

Argentinien. Bezahlt wird nun doch. Am Tag vor dem Ablauf der Frist sagte der argentinische Wirtschaftsminister Roberto Lavagna am Donnerstag der vergangenen Woche die Zahlung von knapp einer Milliarde Dollar an den IWF zu. Dafür stimmte der IWF einer Umschuldung der bis zum August fälligen 6,6 Milliarden zu. Das Abkommen gewährt Argentinien eine Pause, doch schon bald nach den Wahlen im April wird sich der neue Präsident wieder mit dem IWF auseinandersetzen müssen.

Offenbar haben die G 7-Staaten, die derzeit nicht an weiteren internationalen Krisen interessiert sind, die Führung des IWF zur Mäßigung gezwungen. Um kostspielige Finanzinterventionen wie 1997/98 während der Asienkrise zu vermeiden, nach Einschätzung argentinischer Medien aber auch, um ein Konkursrecht für Staaten zu etablieren (Jungle World, 48/02), hatte der IWF für Argentinien unerfüllbare Forderungen zur Voraussetzung eines Umschuldungsabkommens gemacht. Der Kehrtwende vorausgegangen war eine Erklärung der G 7-Staaten, die entgegen den Ansichten der Experten des IWF Anfang Januar erfolgreiche Bemühungen um finanzielle Stabilität feststellten.

IWF gegen Exzesse

Nigeria. Weniger noch als der argentinischen vertraut der IWF der Ausgabendisziplin Nigerias. Einem Mitte Januar veröffentlichten IWF-Bericht zufolge ist die von der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas für das kommende Jahr geplante Währungsunion zum Scheitern verurteilt, weil die nigerianische Haushaltspolitik zu einer hohen Inflationsrate führen wird.

Die Einschätzung, dass »exzessive Ausgaben im Dienste der engen Interessen der Machthaber« auch nach den Wahlen im Frühjahr (Jungle World, 4/02) andauern werden, ist nicht unrealistisch. Allerdings dürfte der IWF dem Projekt auch aus ganz anderen Gründen kritisch gegenüberstehen. Denn wirtschaftliche Integration würde die Position der westafrikanischen Staaten bei Verhandlungen mit Gläubigern wie dem IWF und bei Streitigkeiten über Handelsfragen in der WTO deutlich verbessern. Auch die neokolonialen Wirtschaftsbeziehungen mit Europa würden durch die Stärkung des regionalen Austauschs an Bedeutung verlieren.