Widerwillige Partner

Verhandlungen über die Côte d’Ivoire von ruben eberlein

In Bouaké, seit vier Monaten das Zentrum des von Rebellen besetzten Nordteils der Côte d’Ivoire, blickt man dieser Tage mit einer Mischung aus Hoffnung und Skepsis nach Marcoussis bei Paris. Dort führen seit dem Mittwoch der vergangenen Woche Vertreter dreier aufständischer Gruppen, der Regierung Laurent Gbagbos und der Opposition Gespräche, um die faktische Teilung des Landes zu überwinden. »Dieses Treffen ist eine letzte Chance, aber vielleicht ist es bereits zu spät, weil die Krise schon so lange anhält«, sagte ein Händler der Nachrichtenagentur AFP.

Die Revolte gegen die Regierung begann Mitte September des vergangenen Jahres mit einer Meuterei schlecht bezahlter Soldaten. In den folgenden Wochen brachten die Rebellen den gesamten Norden des Landes unter ihre Kontrolle. Ihr Mouvement Patriotique de Côte d’Ivoire genießt die Unterstützung der lokalen Bevölkerung, wendet sie sich doch vor allem gegen deren Diskriminierung durch die nationalistische Führung des Landes (Jungle World, 42/02).

Die Verhandlungen bei Paris kamen maßgeblich auf Initiative Frankreichs zustande. Mindestens 2 500 Soldaten der ehemaligen Kolonialmacht sind momentan im Land und haben zwischen Regierungs- und Rebellenverbänden eine Pufferzone errichtet. Im Dezember des vergangenen Jahres schlugen sie die Angriffe von zwei neuen Milizen auf Städte im Westteil des Landes zurück. Ihre Beteuerungen, neutrale Partei in einer internen Auseinandersetzung zu sein, klingen seitdem immer unglaubwürdiger. Die Côte d’Ivoire ist traditionell der wichtigste Verbündete Frankreichs in Westafrika.

Doch die Beziehungen zwischen dem Front Populaire Ivorien (FPI), der den französischen Sozialisten nahe steht, und der konservativen Regierung in Frankreich sind gespannt. Sie sieht sich nun in der unangenehmen Lage, ein ihr unsympathisches Regime stützen zu müssen, um eine Eskalation des Krieges zu verhindern.

Doch mittlerweile nutzen unterbeschäftigte Söldner aus Sierra Leone und Liberia den Konflikt als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme und terrorisieren im Westen des Landes die Zivilbevölkerung. Die Regierung rekrutierte ihrerseits fanatisierte Jugendliche für die Armee. Ein brutaler Bandenkrieg um die Staatsmacht wird mit jedem Tag, den die Kämpfe andauern, wahrscheinlicher.

Deshalb drängt Frankreich die ivoirische Regierung zur Zurückhaltung und verlangt unverzügliche Verhandlungen. An einer Fortsetzung des direkten militärischen Engagements besteht kein Interesse. 1 500 Soldaten aus Ghana, Togo, Benin, Niger und Senegal, ausgestattet mit einem Mandat der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas), sollen die Überwachung des Waffenstillstands so bald wie möglich übernehmen. Doch bisher trudeln nur sporadisch kleine Kontingente auf dem Flughafen von Yamoussoukru ein.

Vieles hängt nun davon ab, ob die Regierung Gbagbos zu einer Reform des Staatsbürgerschaftsrechts bereit ist. Anspruch auf einen Pass hat momentan nur derjenige, dessen Eltern in der Côte d’Ivoire geboren sind. Arbeitsmöglichkeiten, Aufenthaltsrechte sowie Landbesitz sind daran gebunden; ungefähr einem Drittel der Bevölkerung könnte deshalb die Lebensgrundlage entzogen werden. Die Chancen auf eine dauerhafte Einigung sind allerdings gering. Zum einen legitimieren sich die Machthaber in Abidjan durch die Ausgrenzung vermeintlicher Ausländer, zum anderen hat der aufständische Norden des Landes für sie einen immer geringeren ökonomischen Nutzen.