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Natürlich scheint hier die Sonne. Ein bisschen heiß ist es schon. Schreiben kann ich diese Woche leider nichts, ich fahre jetzt erstmal ein paar Tage an den Strand.« Es sind telefonische Rückmeldungen wie diese, die einen Redakteur in tiefste Depressionen stürzen können. Besonders dann, wenn wieder einmal die Heizung ausgefallen ist.

Aber Neid ist bekanntlich eine Todsünde, und dem journalistischen Ethos der Ausgewogenheit verpflichtet, müssen wir uns zu einem gerechteren Urteil bequemen. Unsere Auslandskorrespondenten haben es nicht leicht. Sie müssen bei eisiger Kälte in Washington für den Frieden frieren und bei tropischen Temperaturen in Porto Alegre für eine bessere Welt schwitzen.

Erdbeben, Warlords und auf frühzeitige Textabgabe drängende Redakteure sind nur einige der Bedrohungen, mit denen sie konfrontiert sind. Und haben Sie schon mal in Nordkorea ein Internetcafé gesucht? Selbst ein Glas Bier ist dort schwer zu bekommen.

Auch Auseinandersetzungen mit der Staatsmacht können noch unerfreulicher sein als in Preußen. Wenn bei unseren Partys die Musik zu laut ist, schaut schon mal die Polizei herein. In solchen Fällen genügt es aber, für zwei Minuten die Lautstärke zu dämpfen.

Nicht so in Guatemala, wo das Hören regierungsfeindlicher Musik selbst in abgelegenen Dörfern zu einer Verhaftung führen kann. Merken die Polizisten, dass sie es mit einem Journalisten zu tun haben, erfolgt die baldige Freilassung, jedoch nicht ohne die Warnung, man werde im Wiederholungsfall den Kassettenrecorder beschlagnahmen.

Nachdem nun dies alles der Gerechtigkeit halber gesagt wurde, erinnern wir uns daran, dass wir sowieso Atheisten sind und das Gerede von der journalistischen Ausgewogenheit bürgerliche Heuchelei ist. Ja, wir wollen auch unter Palmen schwitzen! Oder in den angesagtesten Clubs New Yorks coole Musik hören. Oder in Nordkorea … nun, vielleicht eine Atombombe kaufen. Kann man bestimmt noch gebrauchen.

Fest steht jedenfalls: Preußen bleibt Scheiße. Besonders im Winter.