Leserinnenworld

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Jungle World, 5/03: »Ignoranter Leserbriefschreiber«

Ruhe im Busch

Haufenweise haben Pseudointellektuelle immer noch nicht den Zustand unseres Staates begriffen, in dem der Konservatismus mittlerweile dabei ist, selbst in die kleinste Zelle unserer Gesellschaft einzudringen und den letzten Funken Liberalismus auszurotten, sondern haben nichts besseres zu tun, als ununterbrochen über andere Linke und ihre Vorstellungen für eine bessere Gesellschaft herzuziehen. Sich über ein Layout zu empören und es mit einer Schülerzeitung gleichzustellen, ist meiner Meinung nach mindestens genauso bescheuert, wie dauerhaft hinter jedem Busch Rassismus oder Antisemitismus zu vermuten. Wann begreifen die letzten, nennen wir sie einmal Hinterfrager des alltäglichen uns umgebenden Wahnsinns, dass sie zu einer aussterbenden Art gehören?

eik weiske

Jungle World, 4/03: »Alles Scheiße außer Mami«

Humorlos

Schön, dass Sie nach über zwei Monaten endlich gemerkt haben, dass Kool Savas ein Album herausgebracht hat. Was mich zudem stört, ist diese plakative Art, wie Sie Savas dem Leser vorstellen. Seine Texte waren bisher – oberflächlich betrachtet – ohne Zweifel »kontrovers, homophob und sexistisch«. Aber hier fehlt die Erwähnung, dass seine kreativ entwickelten Porno-Pimp-Lyrics von Titeln wie »LMS«, »Schwule Rapper« oder »Pimp Legioneah« ins Parodistische lappen und innerhalb eines ironischen Rollenspiels vorgetragen werden. Auch wenn eine hysterische Linke diesen Humor nicht verstanden bzw. als Humor akzeptiert hat. Fakt ist, die Kunstfigur Kool Savas ist nicht zwangsweise identisch mit der Privatperson Savas Yurderi. Fakt ist auch, dass Humor mit Klischees spielt. In der Linken habe ich keine wirkliche Diskussion darüber erlebt. Von »handzahm« kann bei Savas’ neuem Album auch keine Rede sein. Meine Mutter war keineswegs entzückt, als sie mich neulich besuchte und jene Platte im CD-Player lief. Es mag ein »Trauerspiel« sein, wenn unzählige Nachwuchsrapper Savas in unkreativer Weise nacheifern oder Teenager sich nicht bewusst sind, was sie sagen, wenn sie »Schwule Sau« brüllen. Dass Savas nun für die Unfähigkeit anderer bzw. für die Pubertät, unflätiges Verhalten oder mangelnde Aufklärung bezüglich der Homophobie einiger Fans fast schon als Feindbild herhalten muss, halte ich für entsetzlich.

daniel petereins

Jungle World, 4/03: »Wir steuern auf einen Putsch zu«

Sprache der Klasse

Euer Korrespondent hat nicht begriffen, dass das venezolanische Establishment sich in der Welt auskennt und nicht nur Demokratie, sondern auch die Menschenrechte mit einer entsprechenden Kommission verteidigt. Das passiert anscheinend den meisten europäischen Journalisten, die sich natürlich freuen, wenn sie auf jemanden stoßen, der ihre (Klassen-) Sprache spricht. Aber ihr wenigstens solltet doch schon bemerkt haben, dass sich in Lateinamerika etwas Gewaltiges tut, auch wenn es nicht im Che-T-Shirt daherkommt. Seit langer Zeit zum ersten Mal wissen die Ami-Imperialisten nicht, wie sie damit fertig werden könnten.

herbert risz