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Hoch die internationale Amtshilfe

Schweden/Deutschland. Anderthalb Jahre nach den Protesten während des EU-Gipfels in Göteborg fahnden die schwedischen Behörden noch immer nach Gewalttätern. Auf die Amtshilfe ihrer deutschen Kollegen können sie sich dabei verlassen. So fand am 8. Januar in Berlin eine Hausdurchsuchung statt. Der Betroffene sitzt seitdem in Moabit in Untersuchungshaft. Das Ermittlungsverfahren gegen ihn ist einer von vielen Fällen, in denen die Göteborger Staatsanwaltschaft Anklage gegen ausländische Demonstranten in deren Herkunftsländern anstrebt.

Vorgeworfen werden ihm schwerer Landfriedensbruch und versuchte gefährliche Körperverletzung. Bei seiner Ausreise aus Schweden hatte ihn die Polizei fotografiert und seine Personalien notiert. Nach der Auswertung von Bild- und Videomaterial leiteten die schwedische Behörden nun das Verfahren ein. Zudem sollen Aussagen von Zeugen vorliegen, die ihn auf Fotos erkannt haben wollen. Der zuständige Berliner Richter erließ einen Haftbefehl, obwohl der Beschuldigte an seiner Meldeadresse angetroffen wurde und nicht vorbestraft ist. Dennoch befand das Gericht, dass Fluchtgefahr bestehe. Schließlich habe er sich schon einmal im Ausland aufgehalten, in Göteborg.

Krach in der Männer-WG

Griechenland. Vielleicht hätte die so genannte Jungfrau Maria ihre Meinung über Athos lieber für sich behalten. »Das ist mein Garten«, soll sie über die Halbinsel in der Nordägäis gesagt haben. Später, im Jahr 927, beschlossen einige Anhänger ihres Sohnes, dass sich dort nur Männer aufhalten sollen. Daran hat sich in der halbautonomen Mönchsrepublik bis heute nichts geändert. Kein weibliches Wesen darf sie betreten, nicht einmal weibliche Haustiere. Frieden herrscht dennoch nicht. Am Donnerstag der vergangenen Woche umstellten griechische Polizisten das Kloster Esfighmenou. Dort verschanzen sich seit mehreren Monaten besonders orthodoxe Mönche. Sie werfen dem Oberhaupt der griechisch-orthodoxen Kirche, dem Patriarchen Bartholomaios, »Verrat an der Orthodoxie« vor, weil er einen Dialog mit der römisch-katholischen Kirche führe. Eine Frist, die der Patriarch den Rebellen gesetzt hat, Athos bis zum 28. Januar zu verlassen, ließen diese verstreichen. Wohin sollen sie auch gehen, in dieser Welt voller Frauen?

Restlos am Ende

Jugoslawien. Was von Titos Republik zuletzt übrig blieb, nannte sich Bundesrepublik Jugoslawien, hierzulande auch bekannt als »Rest«- oder »Rumpf-Jugoslawien«. Und selbst damit wird es bald vorbei sein. In der letzten Woche stimmten die Parlamente in Belgrad und Podgorica einer Verfassungsänderung zu, mit der die Umwandlung der Bundesrepublik in den »Staatenbund Serbien und Montenegro« vollzogen werden soll. Darauf hatten sich die Teilrepubliken im März des letzten Jahres auf Druck der Europäischen Union geeinigt. Ihre Außen- und Verteidigungspolitik wollen Montenegro und Serbien gemeinsam betreiben, während die Währungs- und Wirtschaftspolitik und das Zollsystem getrennt werden sollen. Das ist kaum mehr als die Kodifizierung des gegenwärtigen Zustandes, hat Montenegro doch schon im Herbst 1999 die D-Mark als offizielles Zahlungsmittel eingeführt. Fraglich ist, ob damit das Ende der Staatsgründungen auf dem Balkan erreicht ist. Der montenegrinische Parlamentspräsident Filip Vujanovic erklärte, sein 650 000 Einwohner zählendes Land strebe in drei Jahren ein Referendum über die Unabhängigkeit an. Unklar ist auch die Zukunft des Kosovo.

TV-Spots gefährden die Sicherheit

Türkei. Die beste antikapitalistische Agitation ist nicht die Darstellung des Elends, in dem unzählige Menschen leben, sondern die Schilderung der Genüsse, die ihnen verwehrt bleiben. In der Türkei ist infolge der schweren Wirtschaftskrise sogar der vergleichsweise bescheidene Genuss, den die Knoblauchwurst Sucuk bietet, für viele unerschwinglich geworden. Wie türkische Zeitungen berichten, sahen sich die Behörden in Ankara in der vergangenen Woche dazu veranlasst, ein »Tagessausstrahlungsverbot« für einen TV-Werbespot des Lebensmittelkonzerns Pinar auszusprechen. Die Sucuk-Werbung, die offenbar bei Kindern besonders wirksam war, soll zu zahlreichen Beschwerden von Eltern geführt haben, die sich die Wurst nicht leisten können.

Ja sagen

Belgien. Wenn sie wollen, können sie es jetzt auch tun. In einem zweiten europäischen Land ist es ab sofort möglich, dass Homosexuelle heiraten und die gleichen Rechte und Pflichten erlangen wie heterosexuelle Ehepartner. Am Donnerstag der vergangenen Woche beschloss das belgische Parlament ein entsprechendes Gesetz, dem der Senat bereits im November zugestimmt hatte. Anders als in den Niederlanden, dem Vorbild in der Gleichstellung Homosexueller, sollen schwule und lesbische Paare in Belgien keine Kinder adoptieren dürfen. Noch nicht. Wie der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland mitteilt, sind die »belgischen Freundinnen und Freunde zuversichtlich, bald auch das Sorge- und Adoptionsrecht sowie die Eheschließung von binationalen Paaren zu erstreiten«.

Ein Rechtsnachfolger spricht Recht

Slowakei/Deutschland. Irgendwann muss Schluss sein mit der Instrumentalisierung von Auschwitz für gegenwärtige Zwecke, scheint auch das Berliner Kammergericht zu meinen und ließ deshalb keine Revision zu. Zuvor hatten die Richter entschieden, dass der Zentralverband der jüdischen Gemeinden in der Slowakei nicht der Rechtsnachfolger der deportierten und ermordeten slowakischen Juden und somit nicht klageberechtigt sei. Der Rechtsanwalt des Verbandes, Rainer Arzinger, hatte schon vor dem Urteil angekündigt, im Fall einer Niederlage vor den Europäischen Gerichtshof in Strasbourg zu ziehen. Aus enteignetem jüdischen Vermögen zahlte der slowakische Staat damals für jeden Deportierten 500 Reichsmark »Umsiedlungskosten« an Deutschland.