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Kondome und Abstinenz

USA. Die »Pläne böser Männer« fanden selbstverständlich Erwähnung, und George W. Bush erläuterte einmal mehr seine Absichten gegenüber dem Irak, Nordkorea und anderen Störenfrieden. Doch da eine Bevölkerung, die sich um Firmenpleiten, Arbeitslosigkeit und Renten sorgt, nicht allein mit patriotischem Pathos beeindruckt werden kann, widmete Bush die erste Hälfte seines »State of the Union« am Dienstag der vergangen Woche den sozialen Problemen der USA.

Auch auf internationaler Ebene will Bush dem Eindruck entgegenwirken, die US-Politik verstünde sich nur auf das Abfeuern von Cruise Missiles: »Wir müssen uns auch daran erinnern, dass es unsere Berufung als gesegnetes Land ist, die Welt besser zu machen.« Damit eine bessere Welt möglich wird, will Bush in den kommenden fünf Jahren 15 Milliarden Dollar für die Bekämpfung von Aids in Afrika und der Karibik zur Verfügung stellen. Im Rahmen des Programms soll die so genannte »Abstinenz-Ausbildung« verstärkt werden, aber auch die Verteilung von Kondomen ist geplant. Vielleicht verbunden mit der Mahnung, dass ihre Benutzung gottlos ist, denn auch in der Sozialpolitik der USA soll die Rolle religiöser Organisationen gestärkt werden.

Friede den Stützpunkten

Afghanistan. Friedenskanzler haben es schwer, insbesondere wenn sie Krieg führen. Da ist es am besten, man spricht möglichst wenig darüber. So gelang es bisher, Details über den seit mehr als einem Jahr andauernden Einsatz des Kommandos Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr in Afghanistan geheim zu halten. Am Samstag berichtete Die Welt unter Berufung auf Quellen aus der Bundeswehr, an den Gefechten zwischen US-Truppen und Islamisten im Osten Afghanistans seien auch KSK-Soldaten beteiligt gewesen. Das Verteidigungsministerium verweigerte eine Stellungnahme.

Ungemütliche Zeiten könnten auch für die an der Internationalen Unterstützungstruppe (Isaf) in Kabul beteiligten deutschen Soldaten anbrechen. Am Freitag überflogen mindestens zwei Raketen ihren Stützpunkt und schlugen in der Nähe ein. Von einem Beschuss könne aber keine Rede sein, meint der Sprecher des Einsatzführungskommandos in Potsdam, denn der Stützpunkt sei so groß, dass man ihn eigentlich nicht verfehlen könne. Wie der Raketenflugverkehr über der Basis zu erklären ist, erläuterte der Militärexperte hingegen nicht.

Ölförderung wieder aufgenommen

Venezuela. Beendet werden solle der Streik nicht, aber immerhin »gelockert«, ließ die Opposition am vergangenen Wochenende wissen. Zuvor hatte sich die internationale Vermittlungsgruppe »Freunde für Venezuela«, der Vertreter der USA, Spaniens, Portugals, Mexikos, Chiles und Brasiliens angehören, in Caracas getroffen und beide Seiten zu Konzessionen aufgerufen. Zwei Vorschläge wurden ins Gespräch gebracht, um den seit zwei Monaten eskalierenden Machtkampf zwischen der linkspopulistischen Regierung Chávez und der Oligarchie zu beenden. Im August, nach der Hälfte von Hugo Chávez’ Amtszeit, könne ein Referendum abgehalten werden. Als Alternative gebe es die Möglichkeit, nach einer Verfassungsänderung Neuwahlen durchzuführen. Dann solle der Streik beendet werden.

Inzwischen brachte die Regierung mit Hilfe des Militärs einen Teil der bestreikten Unternehmen unter Kontrolle, auch die fast völlig erlahmte Erdölförderung wurde wieder aufgenommen. Neuwahlen kommen nicht in Frage, bekräftigte daher der Außenminister Roy Chaderton. Am vorangegangenen Wochenende hatten in Caracas beide Seiten mehrere hunderttausend Menschen zu Großkundgebungen versammelt.

Unterdessen erklärte der Präsident der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec), Abdullah al-Attiyah, im zweiten Jahresquartal 2003 könne es zu einem Preisverfall auf den Erdölmärkten kommen. »Wenn Venezuela seine Förderung wieder aufnimmt, könnten wir einen Überschuss von drei Millionen Barrel pro Tag haben«, so Attiyah. Im Falle eines Irakkrieges sei die Opec in der Lage, eventuelle Versorgungsprobleme schnell zu beheben. »Ich glaube, dass es keine Panik geben wird. Jeder Preisanstieg wäre von kurzer Dauer.«

60 Jahre Stalingrad

Russland. »Heute morgen habe ich geweint, weil nur drei Veteranen aus dem Zweiten Weltkrieg in unserer Stadt noch leben und nur ich in der Lage war, hierher zu kommen. Die anderen sind krank«, sagte der 80jährige Valentin Antyukheyev, Einwohner von Krasnooktybraska nahe Volgograd, dem ehemaligen Stalingrad. »Ich erinnere mich, wie wir um jeden Meter Boden kämpften und wie schlimm die Stadt verwüstet wurde«, fügte er hinzu. Zum 60. Mal jährte sich am Sonntag die Kapitulation der Nazi-Armee unter Feldmarschall Friedrich Paulus, die vor Stalingrad eine verheerende Niederlage hinnehmen musste. Zu den Feierlichkeiten mit einer Schweigeminute und einer Militärparade kamen, abgesehen von den Gedenkprofessionellen verschiedener Staaten und Kirchen, rund 250 Veteranen aus ganz Russland.

Etwa eine Million tote Soldaten und Zivilisten hatten die Kämpfe um Stalingrad auf russischer Seite gefordert, die Verluste der deutschen Wehrmacht beliefen sich auf etwa 250 000 Soldaten. Stalingrad markierte den Wendepunkt des Zweiten Weltkriegs, Hitlers Versuch, das sowjetische Kernland von den südlich gelegenen Ölfeldern zu isolieren, war damit gescheitert.

Zu Ehren der sowjetischen Gefallenen, so fordert es unter anderem die Kommunistische Partei der russischen Föderation, solle Volgograd wieder in Stalingrad umbenannt werden. Dieser Vorschlag hat wenig Aussicht auf Erfolg. Die Duma lehnte es in der vergangenen Woche ab, ihn anzunehmen, nachdem der russische Präsident Wlaimir Putin erklärt hatte, Symbole aus der Sowjetära müssten mit extremer Vorsicht behandelt werden.