French Kissing

Afrika-Gipfel in Paris

Glaubt man dem französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac, so sind mit dem 22. Frankreich-Afrika-Gipfel in Paris vergangene Woche ganz neue Zeiten angebrochen.

Aus dem bisherigen Fürsorgesystem solle eine gleichberechtigte Partnerschaft werden, das frühere französisch-afrikanische Tête-à-tête jetzt im Rahmen der Afrikanischen Union und der Vereinten Nationen stehen.

Doch schon die Umstände der gemeinsamen Resolution der Staatschefs gegen einen Irakkrieg lassen Zweifel aufkommen. Der ruandische Präsident Paul Kagame erklärte, die Staatschefs hätten über die Resolution zur Unterstützung des französischen Antikriegskurses überhaupt nicht debattiert. Und wenn es doch, wie Kagames senegalesischer Kollege Abdoulaye Wade behauptet, eine Abstimmung gegeben hat, so wäre es undenkbar gewesen, dass sich ein afrikanisches Land offen gegen die Position Frankreichs stellt.

Schließlich funktioniert auch die neue Partnerschaft nach dem Prinzip: Eine Hand wäscht die andere. Frankreich gibt sich als Fürsprecher Afrikas und tritt zum Beispiel für Handelserleichterungen und stabilere Rohstoffpreise ein. Dafür erhält es Rückendeckung in der Auseinandersetzung mit den USA und Großbritannien.

Umso wichtiger war es für Chirac, möglichst viele Staatschefs an seinen Tisch zu bekommen, um das Ausmaß dieser Unterstützung zu demonstrieren. Alle 52 eingeladenen Regierungen waren dem Ruf nach Paris gefolgt, außer Somalia war ganz Afrika vertreten. Der bisher größte Frankreich-Afrika-Gipfel hatte allerdings seinen Preis: Rund 15 Staatschefs hatten gedroht, nicht zu kommen, sollte ihr zimbabwischer Kollege Robert Mugabe, eigentlich mit einem EU-Einreiseverbot belegt, nicht auch mit von der Partie sein.

Eine allzu herzliche Begrüßung vermied Chirac. Mugabe bekam nur einen kühlen Handschlag, während Algeriens Präsident Abdelaziz Bouteflika mit vier Wangenküssen bedacht wurde. Angesichts seiner Unterbringung in einem Luxushotel und eines gesonderten Gesprächs mit Chirac frohlockte der zimbabwische Präsident im französischen Radio aber doch über den »außergewöhnlichen Empfang«, den ihm Frankreich bereite.

Chiracs Hinweis in seiner Eröffnungsrede, die Zeit der Straflosigkeit für Diktatoren und der Rechtfertigung von Gewalt sei vorbei, die Zeit der Gerechtigkeit dagegen gekommen, dürfte den von der EU geächteten Autokraten dagegen kaum beeindruckt haben. Er befand sich auf dem Gipfel ja auch in guter Gesellschaft. 23 »Sitzenbleiber der Freiheit« hat die NGO Reporter ohne Grenzen unter Chiracs Gästen ausgemacht, die dessen Gesellschaft schätzen, wie Kameruns Präsident Paul Biya, selbst seit über 20 Jahren im Amt, betonte. Chirac sei »ein alter Freund Afrikas, auf den wir bekanntlich zählen können«.

Wie weit die Partnerschaft unter den alten Freunden allerdings wirklich geht, wird sich erst bei einer Irak-Abstimmung im UN-Sicherheitsrat erweisen. Um die drei nicht ständigen Mitglieder Angola, Kamerun und Guinea hat sich in den vergangenen Tagen jedenfalls auch die amerikanische Diplomatie bemüht. Sie kann möglicherweise attraktivere Angebote machen als bloß ein Eintreten für Handelsvorteile und kulturelle Vielfalt.

anne françoise weber, paris