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Die Verwandten sind frei

Österreich. Jörg Haider hat es zwar nicht bis nach Wien geschafft, dafür aber immerhin seine Schwester Ursula Haubner. In der neuen schwarz-blauen Regierung, die der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel seit der vergangenen Woche bildete, bekommt sie einen Posten als Staatssekretärin. Die FPÖ übernimmt in dem Kabinett drei der zwölf Ministerien. Vizekanzler und Sozialminister wird der FPÖ-Vorsitzende Herbert Haupt, der frühere FPÖ-Politiker Karl-Heinz Grasser bleibt als Parteiloser Finanzminister.

Da die FPÖ bei den Wahlen im vergangenen September zwei Drittel ihrer Stimmen verlor, gibt sie sich bislang noch recht kleinlaut. So sei etwa die gemeinsame Haltung zur EU-Ost-Erweiterung »außer Streit«, meinte Schüssel. Während der ersten schwarz-blauen Koalition hatte Haider wegen der Benes-Dekrete und dem grenznahen Atomkraftwerk Temelin noch mit einem Veto gegen den tschechischen EU-Beitritt gedroht.

Train-Stopping

Italien. Schuld sind die Österreicher. Weil sie den US-Amerikanern bis auf weiteres nicht erlauben, Kriegsgerät aus Deutschland in die Türkei zu transportieren, soll das Material nun in Italien verschifft werden. Aber auch dieser Weg ist steinig. Die Disobbedienti wollen unter dem Motto »Stoppt die Züge des Todes!« die Transporte verhindern, auch die italienischen Häfen sollen bestreikt werden, um eine Verladung des Geräts auf US-amerikanische Schiffe zu verhindern. Vergangene Woche besetzten Disobbedienti den Militärflughafen von Pisa, in mehreren italienischen Städten wurden Bahnhöfe und Gleisanlagen blockiert.

Was nun? Option eins: Die Carabinieri knüppeln den Weg frei. Option zwei: Die Amis nehmen doch den Landweg, umgehen aber Österreich. Die US-Regierung soll bereits die slowenische um eine Transiterlaubnis ersucht haben. Option drei: US-Elitetruppen besetzen Österreich und machen regime change in Wien, noch bevor Schwarz-Blau in die nächste Runde gehen kann.

Ganz legale Einreisetricks

EU-Grenzregime. Normalerweise gelten die Ehe und die Familie als heilig, der Kirche sowieso, aber auch den meisten Staaten. Wenn aber Ihre Auserwählte oder Ihr Auserwählter aus einem anderen Land kommt, könnte es zu Problemen kommen. Aber die sind, wie ein derzeit vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg verhandelter Fall zeigt, lösbar. Der marokkanische Staatsbürger Hacene Akrich sollte zum wiederholten Mal aus Großbritannien abgeschoben werden. Er heiratete eine britische Staatsbürgerin. Sie zog nach Irland um, und ihr Ehemann konnte ihr sofort nachreisen. Sechs Monate später hatte er nach EU-Normen das Recht erworben, sich mit seiner Ehefrau in Großbritannien niederzulassen. Die dortigen Behörden aber verweigerten ihm die Einreise, der Fall kam vor den Europäischen Gerichtshof. Und der muss nun abwägen zwischen dem europäischen Prinzip der Freizügigkeit für EU-Bürger und ihre Ehepartner einerseits und den immer härter werdenden nationalen Einwanderungsbestimmungen andererseits.

Die Eheleute geben zu, dass sie mit dem vorübergehenden Abstecher ins Nachbarland die Aufhebung der britischen Ausreiseverfügung bewirken wollten. Ein unzulässiger Trick? Nein, meint Generalanwalt Leendert Geelhoed, der in der vergangene Woche seinen Schlussantrag einreichte. Er plädiert dafür, das Prinzip der Freizügigkeit zu achten und auf den Trick mit dem Umzug nicht weiter einzugehen. Im Einzelfall soll es einem Mitgliedsstaat aber dennoch erlaubt sein, nationales Einwanderungsrecht anzuwenden und Ehepartnern aus Drittstaaten die Einreise zu verwehren. Ein Urteil der Richter, die dem Generalanwalt oft folgen, steht noch aus. (Rs C-109/01)

Öl, überall Öl

Spanien. Die Großdemonstrationen in Madrid reißen nicht ab: Eine Woche, nachdem eine Million Menschen gegen den drohenden Irakkrieg protestiert hatten, zogen erneut Demonstranten durch die spanische Hauptstadt. Von fast einer Million Teilnehmern sprachen die Veranstalter, von immerhin 500 000 die meisten Medien. Auch diesmal ging es um Öl. Und zwar um das Schweröl, das seit der Havarie des Tankers Prestige im November die spanische und französische Atlantikküste überschwemmt. Schon am Abend vor der Aktion besetzten Demonstranten das Stadtzentrum. An jeder Ecke wehten Fahnen mit der Aufschrift »Nunca Mais« (Nie wieder). Die gleichnamige soziale Bewegung hatte zu dem Protest in Madrid aufgerufen, der von Hunderten sozialer und politischer Organisationen unterstützt wurde. Die Demonstranten warfen der Regierung Inkompetenz vor und forderten ihren Rücktritt. Die ist freilich anderer Auffassung und kündigte bereits an, die Hilfen für die Fischer einzustellen. Im Wrack der Prestige werden 53 000 Tonnen Schweröl vermutet, maximal 80 Tonnen laufen noch immer täglich aus.

Keine Hunde, keine Deutschen

Dänemark. Auf den Burger verzichten so manche Franzosen und Deutsche in diesen Tagen aus politischen Gründen freiwillig. Künftig werden sie auch ohne Pizza auskommen müssen, zumindest auf der dänischen Insel Fanø. Dort will, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet, ein Pizzeriabesitzer die Kerneuropäer nicht mehr bedienen. Jedoch werde er den Boykott der deutschen Kundschaft wieder zurücknehmen, wenn Deutschland sich dem Krieg gegen den Irak anschlösse. Der Bann über die Franzosen ist hingegen endgültig, weil sich deren Haltung zu Amerika nie ändere. Ohne die Amerikaner hingen jetzt in Dänemark Hitler-Bilder, meint der Pizzabäcker. Deshalb ergänzte er an der Tür seines Ladens das Schild »keine Hunde« mit Zeichen, die das Verbot auf Deutsche und Franzosen ausdehnen. »Wer Hunde und Deutschland nicht mag, kann kein schlechter Mensch sein«, lautete hierzulande einmal eine Demoparole.