Alles wird besser, weil …

… in Berlin jetzt wieder mehr geredet wird. Und zwar ohne Unterbrechung und in aller Öffentlichkeit. Und wer in Berlin könnte die Kunst des Redens besser beherrschen als die hier lebenden Amerikaner? Schon immer haben wir sie beneidet, die Meister des Smalltalks, nie um ein Wort verlegen. Kein Wunder, dass ausgerechnet in den USA das Vielreden von der jeweiligen parlamentarischen Opposition auch gerne als Taktik verwendet wird, um eine politische Entscheidung zu verschleppen. »Filibuster« heißen diese manchmal wochenlangen Reden.

Die Gruppe »Americans in Berlin against War« zeigte in der vergangenen Woche mit einem 48stündigen Filibuster am Pariser Platz, wie’s geht. Vordergründig ging es darum, einen Angriff auf den Irak hinauszuzögern.

Reden, das heißt auch lesen. Beispielsweise E-Mails von alten Freunden wie Noam Chomsky. Und reden, das heißt auch loben, wie es der Soldatensohn Phil Hill vorführte: »Ihr könnt stolz sein auf eure Regierung, die demokratischer ist als die eurer ehemaligen Befreier.« Manch ein Passant sträubte sich noch ob dieser Lektion in Sachen Redekunst und nuschelte: »Atombombe auf den Irak werfen!« Doch spätestens der einfachen Rhetorik des Vietnamveterans Dave konnte sich kaum einer entziehen. Mit tiefer Stimme berichtete er von seinen Erlebnissen: »Shit, this is heavy duty stuff.« Und vom Widerstand in der US-Armee, deren Soldaten nicht wissen, ob sie mehr Angst vor dem Irak oder vor einem US-Militärgefängnis haben sollten: »They got them by the balls.« Sehr überzeugend. Da können wir verstockten deutschen Berliner noch was lernen.

wibke bergemann