LeserInnenworld

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Jungle World, 12/03: »Die gute Seite der Krise«

Man mache ein Experiment

Die Jungle World ist nicht die päpstliche Hauspostille – und braucht es auch gar nicht zu sein. Aber als ich heute den Beitrag »Die gute Seite der Krise« von Thomas Blum vor die Augen bekam, habe ich mich schon gefragt, ob ich mich irgendwie vergriffen habe und in meinem Lieblingscafé seit neuestem der Stürmer ausliegt. Man mache einmal das Experiment und ersetze jeweils das Wort »Katholiken« durch »Juden«. Satire oder Fortsetzung der in zwei Diktaturen gepflegten deutschen Tradition von Hass und Hetze gegen Kultur und Religion? Ungetrübt von jeder Sachkenntnis kommt es dem Autor nicht in den Sinn, welche Folgen die »Beseitigung des Katholikenproblems« in Berlin z.B. für das dortige Sozialwesen hätte. Die Freude über die drohende Arbeitslosigkeit einer großen Anzahl von Menschen, selbst wenn sie eine andere weltanschauliche Grundlage als der Autor haben, gehört schlicht und einfach nicht in eine sich als »links« verstehende Wochenzeitung.

stefan jablonski

Jungle World, Irak-Berichterstattung

Man kaufe zurück

Warum eigentlich soll der Irak seine Waffen »vernichten«? Wäre es nicht ehrlicher, wenn die ehemaligen Lieferanten dieser Waffen, unter anderem auch amerikanische (!) Waffenhersteller, diese zum Zeitwert zurückkauften?

otto eigen

Jungle World, 12/03: »Bildung ist nicht mal Ware«

Man lerne doch

Die Tirade gegen die Schulbildung ist verständlich – aber sie hat leider einen Fehler: »Es geht einzig und allein darum auszusieben.« In der Tat ist Schule ein Auslesesystem, aber nach sozialen Gesichtspunkten. Das »so schwer wie möglich machen« ist nicht eine Methode, es »genügend schwer zu machen«, sondern eine Methode, es bestimmten (sozial nicht so erfolgreichen) Gruppen in der Bevölkerung so schwer wie möglich zu machen. Pisa hat das einwandfrei belegt, und es ist wohl dem Erfolg des Schulsystems zu verdanken, dass diese Information zwar gelesen wird, aber nicht allen Lesern und Schreibern bewusst wird.

jürgen göndör

Jungle World, 11/03: »Radikal auf dem Holzweg«

Man überrede

Die militärische Infrastruktur der USA in Deutschland wird in einem Irakkrieg eine nicht unbedeutende Rolle spielen. KriegsgegnerInnen wollen sie deshalb blockieren. Carlos Kunze findet das nicht in Ordnung, weil die Bundesregierung – »bedauerlicherweise« – gegen den Krieg ist. Was also tun? Vielleicht kann Kunze ja Schröder dazu überreden, doch noch auf Bushs Linie einzuschwenken, damit antideutsche Linke guten Gewissens dagegen sein können. Weil: das ist nämlich das Wichtigste. Ich bin froh, zu sehen, dass ihr keine anderen Sorgen habt.

toni menninger