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Die Rückkehr des KGB

Russland. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde der Geheimdienst KGB in fünf Organisationen aufgeteilt. Nun aber soll wieder zusammenwachsen, was in einem autoritären Staat zusammengehört. Am Dienstag der vergangenen Woche kündigte Präsident Wladimir Putin, selbst ein ehemaliger KGB-Offizier, eine Umstrukturierung der Sicherheitskräfte an, die zwei der ausgegliederten Institutionen dem Geheimdienst FSB wieder zuschlägt.

Die Integration der für das Abhören zuständigen Bundesbehörde für Regierungskommunikation und Information ermöglicht dem FSB zukünftig eine weit umfassendere und völlig unkontrollierte Überwachungstätigkeit. Nach dem Anschluss der Grenztruppen verfügt der FSB nun auch über eine eigene Armee mit mehr als 100 000 Soldaten, Panzern, Artillerie, Luftwaffe und Marine. »Putin hat ein zentralisiertes System autoritärer Herrschaft aufgebaut«, kommentierte der Militärexperte Pavel Feigenhauer in der Moscow Times. Die Privilegierung Putin loyal ergebener KGB-Seilschaften stärkt dabei auch seine persönliche Position im innenpolitischen Machtkampf.

Liberale gegen Warlords

Afghanistan. »Sie bekämpften die Sowjets in den achtziger Jahren und sie bekämpften einander in den neunziger Jahren«, sagte Abul Ahrar Ramezpoor. »Jetzt haben sie Büros in Kabul und kontrollieren alles.« Um die Macht der Warlords zurückzudrängen, haben sich 15 politische Gruppen und lokale Gewerkschaften zusammengeschlossen. Am Montag der vergangenen Woche gab Ramezpoor, Führungsmitglied der neuen Bündnisorganisation, die Gründung der National Democratic Front (NDF) in Kabul offiziell bekannt. Die NDF hat nach eigenen Angaben 40 000 Mitglieder.

Die liberale Partei will nicht nur die Macht bewaffneter Gruppen, sondern auch den erstarkenden Einfluss der Islamisten zurückdrängen. Eine legale Basis für ihre Tätigkeit gibt es allerdings noch nicht. In Zukunft sollen Parteien beim Justizministerium eine Registrierung beantragen können, aber auch eine Überprüfung durch den Geheimdienst Amniat-e Milli wird diskutiert. Mehrere NDF-Mitglieder berichteten bereits von Einschüchterungsversuchen extremistischer Gruppen.

Interpol sucht Geheimdienstler

Argentinien/Iran. 85 Menschen starben und mehr als 100 wurden verletzt, als 1994 eine Autobombe vor dem Zentrum der jüdischen Gemeinde in Buenos Aires explodierte. Nach langjähriger Ermittlungsarbeit erließ der argentinische Richter Juan Galeano in der vergangenen Woche Haftbefehle gegen vier Iraner. Ali Fallahian, ehemaliger Geheimdienstminister, Mohsen Rabbani, ehemaliger Kulturattaché der iranischen Botschaft in Buenos Aires, Ali Akbar Parvaresh, ehemaliger Erziehungsminister, und der Diplomat Ali Balesh Abadi werden nun als Drahtzieher des terroristischen Attentats auch von Interpol gesucht.

Nach Aussagen von Abdolqasem Mesbahi, einem iranischen Ex-Geheimdienstler, der sich 1996 nach Deutschland absetzte, wurde das Attentat vom religiösen Führer Ali Khamenei und vom damaligen Präsidenten Hashem Rafsanjani in Auftrag gegeben. Ayatollah Khamenei soll dafür 20 Millionen Dollar von Schweizer Bankkonten zur Verfügung gestellt haben. Die iranische Führung bestritt alle Vorwürfe. Hamid-Reza Azefi, ein Sprecher des Außenministeriums, vermutet Israel hinter den »grundlosen Beschuldigungen«.

Fehlende Minister

Côte d’Ivoire. Immerhin 21 Minister konnte Präsident Laurent Gbagbo präsentieren, als er am Donnerstag der vergangenen Woche das neue Kabinett vorstellte. Fast ebenso viele Ministersessel aber blieben leer. Rebellengruppen und die Oppositionspartei RDR blieben der Zeremonie fern. »Hüten Sie sich, dies als ein Ende zu sehen«, kommentierte Premierminister Seydou Diarra, »sehen Sie es als einen Anfang!«

Die Bildung einer gemeinsamen Regierung ist der zentrale Bestandteil eines Ende Januar von Frankreich vermittelten Abkommens, das den im Oktober des vergangenen Jahres ausgebrochenen Bürgerkrieg (Jungle World, 42/02) beenden soll. Umstritten bleibt aber nicht nur die Verteilung der Ministerposten, vor allem der Ressorts Inneres und Verteidigung. In der Küstenmetropole Abidjan demonstrierten erneut »Junge Patrioten«, extremistische Anhänger Gbagbos, gegen die Beteiligung der Rebellen an der Regierung. Im Westen des Landes kommt es immer wieder zu Kämpfen. »Die Rekrutierung geht auf beiden Seiten weiter«, stellte Panos Moumtzis, Repräsentant der UNHCR, fest.

Satan ist überall

Marokko. Brisante Beute machte die Polizei vor einiger Zeit in Casablanca. Einen Stapel schwarzer T-Shirts, Hardrock-CDs, eine rote Gipsschlange und gar einen winzigen Kerzenhalter in Schädelform beschlagnahmten sie in den Wohnungen einiger Jugendlicher aus gutem Hause. Die Gegenstände gehörten einer Gruppe, die sich regelmäßig in einem Café der Stadt traf, ganz gesittet und ohne Drogenkonsum, und sich für Hardrock begeisterte. Der Staatsanwalt vermutete dennoch »schwere Verbrechen«, und am 6. März wurden 13 Jugendliche sowie der Cafébesitzer wegen der Zugehörigkeit zu einer »satanistischen Sekte«, des Besitzes »sittenwidriger Gegenstände« und wegen »Handlungen, die geeignet sind, den Glauben zu erschüttern«, zu Haftstrafen zwischen einem Monat und einem Jahr verurteilt.

Doch die Reaktionen waren unerwartet: Es hagelte Proteste. Zeitungen verurteilten die »polizeistaatliche Verirrung«, Petitionen zirkulierten, und am letzten Mittwoch fand gar ein öffentliches Sit-in mit anschließendem Konzert in Casablanca statt. Alle Teilnehmer waren gebeten worden, in schwarzen T-Shirts zu kommen. Am Tag zuvor wurden alle 14 Verurteilten freigelassen, ein Revisionsverfahren soll Ende März stattfinden.