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Bergtürken-Partei verboten

Türkei. Bislang wurden 24 Parteien in der Türkei verboten, was nicht gerade auf eine halbwegs funktionierende parlamentarische Demokratie verweist. Das soll anders werden. Also beschloss das türkische Parlament im vergangenen Sommer eine Verfassungsreform, die das Verbot von Parteien erschweren sollte. Der prokurdischen Demokratiepartei des Volkes (Hadep) hat das dennoch nichts genützt. Am Donnerstag der vergangenen Woche beschloss das Verfassungsgericht in Ankara das Verbot der Partei, und zwar, wie der Vorsitzende Richter Mustafa Bumin betonte, weil sie in »Wort und Tat« die kurdische Arbeiterpartei PKK unterstütze.

Zwar kommt das Urteil nicht überraschend, markiert aber dennoch einen Wendepunkt in der Kurdenpolitik der letzten Jahre. Denn während die beiden ursprünglich aus der türkischen Sozialdemokratie entstandenen Vorgängerparteien binnen kurzer Zeit verboten worden waren, blieb die Hadep seit ihrer Gründung 1994 davon verschont. Auch die Repressalien, die von Wahlbehinderungen bis zu willkürlichen Verhaftungen und Ermordungen von Mitgliedern und Funktionären reichten, hatten zuletzt deutlich abgenommen.

Mit dem möglichen Irakkrieg droht nun eine neue Eskalation des Kurdenkonflikts. Die Türkei fürchtet, der Krieg könne zu einem selbstständigen Kurdistan im Nordirak führen, und hat angekündigt, dies auch mit militärischer Gewalt zu verhindern. Bei einem Einmarsch türkischer Truppen droht eine Konfrontation mit PKK-Kämpfern, die sich dort aufhalten.

Ende letzten Jahres war die nun verbotene Hadep als Nachfolgepartei der Demokratischen Volkspartei (Deha) gegründet worden. Am Tag vor dem Hadep-Verbot hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strasbourg das Verfahren gegen den PKK-Führer Abdullah Öcalan als »nicht fair« gerügt.

Auf beste Empfehlung

Spanien. Unbeeindruckt zeigte sich das spanische Innenministerium am vergangenen Freitag von den Empfehlungen des Anti-Folter-Komitees des Europarats. Mit der Begründung, es gebe bereits »angemessene Garantien« gegen Folter, lehnte das Ministerium die geforderten Gesetzesänderungen ab. In dem Bericht, der in der vergangenen Woche mit Zustimmung der Regierung veröffentlicht wurde, legte das Komitee vier Grundsätze fest, die auch in Spanien bei Verhaftungen gelten sollten: sofortiger Kontakt mit einem Anwalt, Möglichkeit der freien Arztwahl, eine Isolationszeit von höchstens 48 Stunden sowie die Schaffung einer unabhängigen Kommission zur Prüfung von Foltervorwürfen. Zudem dokumentiert der Ausschuss, der das Land vor zwei Jahren besucht hat, Beschwerden von Verhafteten, die über Schläge, Elektroschocks und körperliche Misshandlungen klagen.

Auch nach dem Verbot der baskischen Zeitung Egunkaria vor einem Monat klagten mehrere Verhaftete über Misshandlungen im Polizeigewahrsam. Die Regierung behauptet dagegen, dass die Kläger im Sinne eines so genannten Eta-Handbuchs handelten, das bei mutmaßlichen Mitgliedern der Terrororganisation gefunden wurde. Darin wird empfohlen, »so viele Bullen wie möglich der Folter zu beschuldigen«.

Weiche Schale, harter Kern

Europäische Union. Unverblümt äußerte sich Chris Patten, EU-Kommissar für Außenbeziehungen, in einem Interview mit der Zeit vom vergangenen Donnerstag: »Wir verfügen über unendlich viel ›weiche‹ Macht – Entwicklunghilfe und vieles mehr. Um das besser zu nutzen, sollte die EU stärker auf ihre ›harte‹ Macht zurückgreifen können.« Ohne höhere Rüstungsetats könne sie nicht die gewünschte internationale Rolle spielen. Krieg als Fortsetzung der Hilfslieferung mit anderen Mitteln. In der vergangenen Woche einigte sich Patten mit seinen Kollegen in der EU-Kommission darauf, den gröberen Methoden der Einflussnahme künftig mehr Aufmerksamkeit zu schenken. In einem Papier fordert das Gremium, den gemeinsamen Markt in der EU für Rüstungsgüter zu öffnen und eine europäische Rüstungsagentur zu gründen. Es komme auf ein verbessertes Preis-Leistungsverhältnis und auf Hochtechnologie an, um Rüstungsimporte von außerhalb der EU zu ersetzen und Exporte dorthin zu erhöhen. Als weiteres Ziel wurden, nicht zu vergessen, ethische Grundsätze genannt.

Schneller Wechsel

Italien. So bald hatte Paolo Mieli das Ende seiner neuen Amtszeit nicht erwartet. Nur wenige Tage nachdem der frühere Chefredakteur des Corriere della Sera zum Leiter des staatlichen italienischen Fernsehsenders RAI ernannt worden war, war er den Posten schon wieder los. Nach heftigen Protesten der Regierung von Ministerpräsident Silvio Berlusconi wurde am vergangenen Donnerstag Lucia Annunziata zur neuen Chefin des Senders gewählt. Mieli war von der oppositionellen Mitte-Links-Allianz unterstützt worden und hatte als Bedingung für die Übernahme dieses Postens unter anderem die Wiedereinstellung zweier bekannter Journalisten gefordert, die wegen ihrer Kritik an Berlusconi entlassen worden waren. Am vergangenen Wochenende wurde das RAI-Gebäude in Mailand mit rechtsextremen und antisemitischen Parolen gegen Mieli beschmiert.

Cuba Sí

EU-Kuba. Als die Deutschen von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld mit Kuba in einen Topf geworfen wurden, empfanden sie dies als Beleidigung. Im politischen Tagesgeschäft zählt jedoch, was nützt. Und so leitet ein Deutscher, Sven Kuhn von Burgsdorff, die EU-Vertretung auf Kuba, die jetzt im Beisein mehrerer kubanischer Minister feierlich eröffnet wurde. Poul Nielson, EU-Kommissar für humanitäre Hilfe, rief eine »neue Ära der Beziehungen« aus. Bislang hatten die Mitgliedsstaaten der EU ausschließlich humanitäre Hilfe nach Kuba gesandt und einzelne bilaterale Abkommen abgeschlossen. Immerhin stammen in Kuba die Hälfte der Auslandsinvestitionen und jeder zweite Tourist aus der EU. Zukünftig will man jährlich 15 bis 20 Millionen Euro in die kubanische Wirtschaft investieren.