Operation Eintracht

EU-Mission in Mazedonienvon markus bickel

Die meisten der 350 Soldaten, die seit einer Woche mit den Sternen der Europäischen Union an ihren Uniformen in Mazedonien auf Patrouille unterwegs sind, sind schon länger in der kleinen Balkanrepublik stationiert. Geändert haben sich für sie Ende März nur der Arbeitgeber und das Abzeichen am Arm, denn schon für die von der Nato geführte Vorgängermission »Allied Harmony« stellten die EU-Staaten mehr Einheiten als die USA. Auch die Entscheidung, Brüssel mit dem Oberkommando der Operation »Concordia« – lateinisch für »Eintracht« – zu betrauen, hat für sich genommen nur geringen Nachrichtenwert.

Dass die Leitartikler in London, Berlin und Paris die erste eigenständige Militäroperation der EU in einer seit dem Beginn des Irakkrieges nicht gesehenen Eintracht dennoch als »Aufbruch zu neuen Ufern« feiern, hat einen einfachen Grund. Offenbar hat man sich an die Bilder aus Bagdad und Basra gewöhnt, angesichts der ungewissen Dauer des Krieges lässt sich so wenigstens auf europäischem Boden ein etwas erfreulicherer publizistischer Nebenkriegsschauplatz eröffnen. Der in Nato-Kreisen verspottete Einsatz im lange Zeit als Erfolgsbeispiel europäischer Krisenprävention gepriesenen Mazedonien kommt da gerade recht, um die Differenzen zwischen Frankreich und Deutschland auf der einen sowie Großbritannien und Spanien auf der anderen Seite zu übertünchen.

Besonders ambitioniert ist die Aufgabe allerdings nicht, die die politischen Spitzen in Brüssel dem Oberkommandieren der EU-Forces (Eufor), dem deutschem Admiral Rainer Fest, gestellt haben. In Mazedonien stationiert sind die EU-Soldaten im Prinzip nur, um die nach Ende des Konflikts zwischen albanischen Separatisten und Regierungseinheiten vor zwei Jahren in das Land entsandten OSZE-Beobachter zu schützen. Sollte es wirklich brenzlig werden, kann das EU-Kommando jederzeit Hilfe der Nato anfordern. Im Notfall käme die Mini-Mission ohnehin nicht ohne Unterstützung US-amerikanischer Spezialeinheiten aus dem benachbarten Uno-Protektorat im Kosovo aus.

Sonderlich eigenständig ist es also nicht, was da als Operation Concordia unter den misstrauischen Augen der Nato und des Pentagon in Mazedonien abläuft. Angeführt vom ehemaligen Nato-Generalsekretär Javier Solana, haben die europäischen Regierungen nach dem Kosovo-Krieg den ehrgeizigen Beschluss gefasst, bis Ende 2003 eine unabhängig von den Nato-Strukturen einsatzfähige Armee auf die Beine zu stellen. Doch um die Schnelle Eingreiftruppe ist es seltsam ruhig geworden. Um das Scheitern der Brüsseler Militärstrategen zu überdecken, muss jetzt die Mission in Mazedonien herhalten. Dass abgesehen von den 350 in Mazedonien stationierten EU-Soldaten wenig von den 60 000 zu sehen ist, die bis Jahresende einsatzbereit sein sollen? Who cares.

Für den angestrebten Aufstieg in die »Champions League« der militärischen Großmächte, wie der chronisch von Lizenzentzug bedrohte Rudolf Scharping den europäisch-amerikanischen Konkurrenzkampf einmal genannt hat, reicht die militärisch mager ausgestattete Mazedonien-Mission »Eintracht« allerdings nicht aus. Dass schon der Titel allenfalls Zweitliganiveau aufweist, hätte der Eintracht-Frankfurt-Fan Joseph Fischer seinen Kollegen vor der Namensfindung eigentlich stecken können.