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Während die deutsch-italienischen Beziehungen von Tag zu Tag schlechter werden, festigen sich die deutsch-tschechischen von Stunde zu Stunde. Das war bekanntlich nicht immer so. Früher einmal machte irgendein Herr Henlein mal den Großkotz und bekam dafür von einem Herrn Benes ganz schön eins auf den Deckel. Sollten Sie Genaueres darüber wissen wollen, brauchen Sie nur diese Ausgabe durchzublättern.

Jetzt aber sind diese Herren tot, und der Tscheche und der Deutsche treffen sich, wie man hört, friedlich bei Schwarzbier und Schweinebraten und diskutieren über Temelin und Thema-Seiten. Am Ende sind Durst und Hunger, Ängste und Sorgen vertrieben bzw. ausgesiedelt. »Die in Tschechien haben’s gut«, denken wir uns hier in der Bergmannstraße.

Wir, das sind die Übriggebliebenen, die Zurückgelassenen, die anderweitig Beschäftigten, die Paris-Heimkehrer, die Nicht-ins-Landschulheim-Woller, kurz: die Freien. Wir, das sind aber auch die Meldungs- und Deutsches-Haus-Schreiber, die Dauertelefonierer, die Mailsortierer, die Faxausräumer, die Posthochbringer, kurz: die Gearschten.

Denn uns bringt natürlich niemand einen leckeren Krustenbraten vorbei, höchstens ein Dossier wird hier und da mal reingereicht. Wo bleiben Knödel und Rotkohl? Da kommt ein Adorno im Angebot, hier eine Theoriebeilage. Statt Schwarzbier bleibt uns schwarzer Kaffee und statt Stausee Papierstau.

Trotzdem, neidisch sind wir nicht. Wenn wir eine Mail abrufen wollen, dann rufen wir sie ab und müssen nicht erst 25 Kilometer irgendwohin fahren. Wir haben Festnetzanschlüsse und man versteht alles, was der Gesprächspartner sagt. Wenn wir uns jenseits der Bezugsgruppe vergnügen wollen, dann können wir das auch: Robbie Williams spielte in Berlin, nicht in Böhmen. Und wenn wir mal allein sein wollen, dann können wir es auch sein und müssen dafür nicht spazieren gehen. Denn wir haben Einzelzimmer!

Genug der Differenzen, Schluss mit den Sticheleien. Wir vermissen euch so, wie der geneigte Leser und die geneigte Leserin am 23. Juli die aktuelle Ausgabe der Jungle World vermissen wird. Denn diese Ausgabe ist eine Doppelnummer und enthält so viel Stoff, dass die nächste entfällt. Am 30. Juli geht’s weiter.