Das Attentat auf Donald Trump wirft einmal mehr die Frage auf, ob wir nicht in einer Simulation leben

Homestory #29/24

Wenn es stimmt, dass wir in einer Simulation leben, wird es Zeit für einen offenen Brief an die zuständigen Regisseur:innen. Titel: »Wir haben es satt, in einem so schlechten Film zu leben!«

Es gibt Menschen, darunter ernstzunehmende Wissen­schaft­ler:in­nen, die glauben, dass wir in einer Simulation leben. Diese Theorie hat etwas mit Quantenmechanik zu tun und ist sehr kompliziert. Überprüfen können wir sie nicht, aber nehmen wir einmal an, diese Leute haben recht: Dann ist es allerhöchste Zeit, ein ernstes Wort mit den zuständigen Regisseur:innen dieser Simulation zu reden. Offene Briefe sind ja derzeit sehr in Mode und einer Zustelladresse bedarf es nicht, da die Aliens, die Künstlichen Intelligenzen, oder wer auch immer im Multiversum programmiert, uns sicherlich aufmerksam überwachen. Der Titel sollte lauten: »Wir haben es satt, in einem so schlechten Film zu leben!«

Das jetzt bereits sinnbildliche Foto des blutenden Donald Trump mit trotzig gereckter Faust – das ist Roland Emmerich pur. 

Früher wurde wenigstens bei Attentaten auf wichtige US-Politiker ein hohes dramaturgisches Niveau gehalten. Abraham Lincoln, John F. Kennedy – das waren noch echte Tragödien. John Hinckleys Schüsse auf Ronald Reagan hatten eine schräge Pointe, die von den Coen-Brüdern hätte stammen können: ein Attentäter, der in seinem eigenen Film lebte, sich mit Travis Bickle (Robert De Niro) aus Martin Scorseses »Taxi Driver« identifizierte und die Liebe von Jodie Foster gewinnen wollte. Die spielte im Film die von Bickle nach seinem missglückten Attentat auf einen Präsidentschaftskandidaten in einem Amoklauf befreite minderjährige Prostituierte Iris Steensma. Ein komplizierter und ein wenig wirrer, aber origineller Plot. Das jetzt bereits sinnbildliche Foto des blutenden Donald Trump mit trotzig gereckter Faust hingegen – das ist Roland Emmerich pur. Und in dessen Filmen gibt es am Ende oft recht ­wenige Überlebende.

Da ist es fast wieder beruhigend, dass wir wohl doch nicht in einer Simulation leben. Aber die Wahrnehmung der US-Politik ist so stark von Filmen geprägt, dass das Oval Office fast so vertraut scheint wie die eigene Wohnung im mutmaßlich wirklichen Leben. Daher glaubt man auch, beim Secret Service könne nur etwas schiefgehen, wenn finstere Kräfte dort sehr geschickt Agenten platziert haben.

Das aber ist offenbar nicht der Fall. Verschwörungs­theorien kursieren natürlich einmal mehr in großer Menge, doch wird man sich, so reizvoll der Gedanke sein mag, Trump habe mit Kunstblut und einem nützlichen Idioten einen false flag-Anschlag inszeniert, wohl damit abfinden müssen, dass hier niemand Regie führt.