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Bomben in Moskau

Russland. In Moskau haben Attentate mindestens 19 Menschen den Tod gebracht. Am Donnerstag der vergangenen Woche starb ein Sprengstoffexperte bei dem Versuch, eine in einem Rucksack versteckte Bombe zu entschärfen. Zuvor hatte die Polizei die 22jährige Besitzerin des Rucksacks festgenommen. Die Frau aus Tschetschenien gestand nach Behördenangaben ein, dass sie ein voll besetztes Restaurant in die Luft sprengen wollte. Bereits am Samstag zuvor waren bei zwei Attentaten auf einem Rockkonzert 18 Menschen ums Leben gekommen, darunter die zwei Selbstmordattentäterinnen. Die Behörden machen tschetschenische Separatisten für diese Anschläge verantwortlich.

Indessen hat sich der Vorsitzende der konservativen französischen Regierungspartei UMP, Alain Juppé, mit seinem Pendant von der Partei Vereinigtes Russland, Innenminister Boris Grislow, in Moskau zu einem »Erfahrungsaustausch« getroffen. Zudem fand das erste hochrangige Treffen eines französisch-russischen »Sicherheitsrats« in Moskau statt. Le Monde zufolge war keine Spur einer Divergenz zu verspüren, sei es im Hinblick auf Irak, den israelisch-palästinensischen Konflikt, Afghanistan oder die »multipolare Welt«.

Um sich gegen eine vermeintlich von den USA dominierte »unipolare Weltordnung« zu stellen, benötigen Frankreich und Deutschland Partner, am besten solche mit einem großen atomaren Waffenarsenal. Da spielt die innere Verfasstheit des russischen Staates mit autoritärer Kontrolle über die Massenmedien, politischen Morden und dem Aufstieg der Repräsentanten des militärisch-polizeilichen Komplexes keine Rolle. Entsprechend hatte der französische Staatspräsident Jacques Chirac bei seinem kürzlichen Besuch in St. Petersburg Russland wegen seines »Respekts für den anderen« bereits »auf der ersten Stufe der Demokratien« platziert.

Embedded in Aceh

Indonesien. Je heftiger die Kämpfe zwischen dem indonesischen Militär und der separatistischen Gam (Freiheitsbewegung von Aceh) im nordwestlichen Teil Sumatras werden, desto weniger erfahre man darüber, klagt die NGO Watch Indonesia. Zwar nannte am vorletzten Wochenende erstmals ein Militärsprecher genauere Zahlen: Seit dem Beginn des Militäreinsatzes Mitte Mai seien bisher mindestens 150 Zivilpersonen ums Leben gekommen, 71 gelten als vermisst; die Gam habe 325 Todesopfer zu verzeichnen, die eigenen Verluste lägen bei 28 Soldaten und vier Polizisten. Doch tatsächlich dürfte die Zahl der Opfer deutlich höher liegen. Die indonesische Menschenrechtsorganisation Kontras zählte bereits Mitte Juni 176 zivile Todesopfer.

Dass die Informationen so unterschiedlich ausfallen, liegt auch an der Nachrichtensperre, die Präsidentin Megawati Sukarnoputri über Aceh verhängt hat. Ausländische Journalisten werden an der Einreise gehindert, indonesische Reporter dürfen nur in Begleitung der Armee recherchieren. Die Regierung hat das von den USA übernommene Konzept des »embedded journalism« noch verschärft. Die Reporter müssen eine Armeeuniform tragen, von ihnen wird gefordert, wohlwollend über die Einsätze zu berichten, Angehörige der Gam dürfen nicht zitiert werden.

Dass die Kämpfe heftiger werden, bestätigte nach Angaben der New York Times in der vergangenen Woche indirekt der indonesische General Endriartono Sutarto. Er sprach von einem Krieg, der bis zu zehn Jahre dauern könne. Bisher hatte die Armee maximal sechs Monate für den Feldzug eingeplant und für diesen Zeitraum den Ausnahmezustand verhängt.

Ein Mann, ein Colt

USA. »Eine bewaffnete Person ist ein Bürger, eine unbewaffnete dagegen ein Sklave«, schrieb der US-Bürger Berry L. Brooks kürzlich in einer Internet-Petition, die den Munitionsverkauf in Supermärkten unterstützt. Ein letzte Woche veröffentlichter UN-Bericht über die weltweite Bewaffnung von Privatpersonen wird Brooks wieder ruhig schlafen lassen. Gefolgt von Jemen und Finnland seien »die Vereinigten Staaten das am besten bewaffnete Land der Welt«, heißt es dort. Statistisch betrachtet kommen auf 100 Einwohner zwischen 83 und 96 Handfeuerwaffen. Das sind 400 mal mehr Waffen als etwa die afghanische Zivilbevölkerung ihr Eigen nennt. Während die Produktion der USA und Russlands mehr als zwei Drittel des Marktes dominiert, liegen die Europäer beim Export vorn. Mehr als vier Milliarden Dollar verdienen die EU-Staaten jährlich mit dem Verkauf von Schusswaffen. Der UN-Mitarbeiter Peter Batchelor liefert noch eine weitere Angabe zum pazifistischen Europa. »Entgegen der allgemeinen Annahme, dass Europäer nahezu unbewaffnet seien, haben die 15 Länder der EU schätzungsweise 84 Millionen Feuerwaffen, 67 davon sind in zivilen Händen.«

Lula bleibt gelassen

Brasilien. »Wir waren mehr als 13 Jahre mit Lula liiert, und jetzt, wo er Präsident geworden ist, fällt er uns in den Rücken«, kommentierte Joao Sobral von der Polizeigewerkschaft in Bahia die Sparpläne der regierenden Arbeiterpartei. Wie er sind letzte Woche mehr als die Hälfte der öffentlichen Angestellten in Streik getreten, um gegen geplante Pensionskürzungen zu protestieren. Luiz Inacio Lula da Silvas Reformpläne sehen unter anderem vor, das Pensionsalter seiner Staatsdiener um sieben Jahre zu erhöhen und die maximale Höhe der monatlichen Pensionszahlungen auf 828 Dollar zu beschränken.

Der Präsident und frühere hohe Gewerkschaftsfunktionär zeigt sich von den bisher größten Arbeiterprotesten während seiner Amtszeit unbeeindruckt. »Streiks sind das universelle Recht von Arbeitern. Ich mache mir erst Sorgen, wenn auch Abgeordnete am Streik teilnehmen; das würde den Kongress lähmen.« Die größte Gewerkschaft des Landes (Cut) hat sich bisher nicht an der Arbeitsniederlegung beteiligt und lediglich ihre Solidarität mit den Streikenden bekundet; wohl auch, weil die Renten im Privatsektor schon jetzt jenem Modell entsprechen, gegen das sich die Staatsangestellten gerade wehren.