Der Angstsparer

ich-ag der woche

»Der Aufschwung ist nah – wenn die Angstsparer wieder kaufen«, schrieb kürzlich Die Zeit, und schon war eine neue Spezies entdeckt. Nachdem das Hamburger Wochenblatt monatelang den Sozialabbau mit herbeigeschrieben hatte, wundert es sich nun, dass die Leute keine Knete mehr haben, um sich etwas zu kaufen.

Wie muss man sich den Angstsparer, dieses scheue Wesen, vorstellen? Er dreht jeden Cent zweimal um. Er kauft grundsätzlich keine Markenware, sondern nur den ganzen billigen A&P-Scheiß. Das geht so weit, dass die führenden Marken bereits schwer in die Krise geraten sind, zumindest lässt dies ihre gegenwärtige Kampagne vermuten: »Die Marke – etwas anderes kommt mir nicht in die Tüte.«

Der Angstsparer kauft sich keinen neuen Kühlschrank, wenn er einen braucht, sondern wartet, bis er auf dem Sperrmüll einen findet. Er spart Strom, Gas, Socken stopft er neuerdings wie weiland seine Großmutter. Urlaub macht er am Plattensee, ein Auto teilt er sich mit drei Nachbarn, den Fernseher wirft er erst auf den Schrott, wenn nicht mal mehr das Dritte läuft. Kurz gesagt, er ist ein vernünftiger Mensch, der es versteht, sich der neuen Lage anzupassen.

Ganz anders als der Mutkäufer, der einzig und allein Deutschland retten könnte. Er verprasst Geld, das er nicht hat, verschuldet sich, lebt trotzdem wie der Kunde bei Kaiser’s und wundert sich eines Tages, warum der Gerichtsvollzieher einen Kuckuck an die neue Ledercouch klebt. Hauptsache, der Aufschwung kommt.

paul urban