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Stippvisite in Bagdad

Irak. Alles wird besser im Irak. Das findet jedenfalls US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Am Donnerstag der vergangenen Woche besuchte er das Land zum zweiten Mal nach Kriegsende. Neben Bagdad und Mossul besuchte er auch Saddam Husseins Heimatstadt Tikrit, in der es noch am Tag der Stippvisite zu zwei Anschlägen kam. Diesmal wurde kein US-Soldat verletzt, dafür traf es eine Familie in einem Taxi, auf das eine Handgranate geworfen wurde. Auch in Bagdad ist keine Besserung der Lage in Sicht: Im Durchschnitt werden in der irakischen Hauptstadt täglich 35 Morde, hauptsächlich bei Überfällen, verübt, doppelt so viele wie in den 30 größten Städten der USA zusammen.

Mehrere Mitglieder des am Mittwoch der vergangenen Woche vereidigten Regierungsrats kritisierten die Unfähigkeit der US-Truppen, für Sicherheit zu sorgen. Sie fordern mehr Kompetenzen und einen Verzicht auf die Rekrutierung ehemaliger Ba’athisten für die neue irakische Polizei und die Armee. Rumsfeld dagegen will nur hochrangige Offiziere vom Militärdienst ausschließen.

Unkonventioneller Dialog

Iran. Um eine »Herabstufung der diplomatischen Beziehungen« handele es sich nicht, ließ das britische Außenministerium wissen, doch das für den Botschaftsbetrieb nicht unbedingt erforderliche Personal hat die Erlaubnis bekommen, Teheran zu verlassen. Wenige Stunden nachdem die iranische Regierung ihren Botschafter zu »Konsultationen« zurückgerufen hatte, war die britische Vertretung von zwei Männern beschossen worden. Dabei gingen zwei Fensterscheiben zu Bruch, verletzt wurde niemand.

Das Timing des Anschlags und die ungehinderte Flucht der Täter aus dem überwachten Botschaftsbereich sprechen dafür, dass es sich um einen gezielten Warnschuss aus den Reihen khomeinistischer Milizionäre handelte, die dem religiösen Führer Ali Khamenei ergeben sind. Seit ein britischer Richter den ehemaligen iranischen Botschafter in Argentinien, Hadi Soleimanpur, Ende August verhaften ließ, hatten alle Flügel des Regimes gegen die britische Regierung gehetzt. Soleimanpur wird vorgeworfen, mitverantwortlich für den Bombenanschlag auf das jüdische Zentrum in Buenos Aires im Jahre 1994 (Jungle World, 4/02) zu sein. Wenn die Beteiligung des damaligen iranischen Botschafters nachgewiesen werden sollte, würde dies die europäischen Befürworter des »kritischen Dialogs« mit den Ayatollahs in Rechtfertigungsnöte bringen.

Großangriff in Aceh

Indonesien. Stolz hat Polizeisprecher Sayed Hoesaini am vergangenen Freitag eine Zwischenbilanz der Militäroffensive gegen die Separatisten in Aceh gezogen: Seit Mitte Mai sind 816 Mitglieder der separatistischen Bewegung Freies Aceh (Gam) sowie 61 Angehörige der indonesischen Sicherheitskräfte getötet worden. Für die 319 zivilen Opfer sei die Gam verantwortlich. Die 40 000 in der an Öl- und Gasvorkommen reichen Provinz an der Nordspitze Sumatras eingesetzten Soldaten und Polizisten nahmen mehr als 600 Rebellen gefangen.

Die Gam kämpft seit 1976 für einen eigenen Staat. In dem Konflikt starben bisher schätzungsweise 11 000 Menschen, davon selbst nach offiziellen Angaben allein 1 200 in den letzten drei Monaten. Für eine neue Intensität im Kampf gegen die rund 5 000 Rebellen sorgten Luftangriffe. Trotzdem rechnet General Endriartono Sutarto, der Oberbefehlshaber der indonesischen Streitkräfte, nicht mit einem baldigen Ende der Kämpfe und setzte sich für die Beibehaltung des mit Beginn der Offensive über die Provinz verhängten Kriegsrechts ein.

Verbrechen lohnt sich

Kolumbien / Großbritannien. Pablo Escobar würde wahrscheinlich vor Neid erblassen – wenn er nicht 1993 erschossen worden wäre. In einer mit kolumbianischen Behörden koordinierten Aktion fanden britische Drogenfahnder nicht nur Rauschmittel, sondern auch US-amerikanische Wertpapiere mit einem Wert von 6,2 Milliarden Euro, deren Echtheit jedoch noch geprüft wird. Zudem stellten sie Juwelen, Autos und Häuser im Wert von 9,8 Millionen Euro sicher und nahmen dreizehn Personen fest. Im Rahmen der Ermittlungen wurden am vergangenen Freitag auch zwei Männer in Kolumbien verhaftet. »Dies ist ein wichtiger Sieg, weil er einen überwältigenden Schlag gegen Drogenhandel und Geldwäsche darstellt«, triumphierte Guillermo Anibal Ortega von der kolumbianischen Generalstaatsanwaltschaft. Der Ring soll Drogen von Kolumbien über Ecuador und Mexiko nach Europa geschafft haben.

Escobars Reichtum bezifferte das Fortune Magazine Ende der achtziger Jahre dagegen nur auf bescheidene zwei Milliarden US-Dollar. Auch der damalige Schneekönig investierte seine Gewinne hauptsächlich in den USA, wobei er jedoch Immobilien bevorzugte.

Getraut ist getraut

Russland. Die Gesetze sind in Russland streng, aber nicht immer nimmt man es damit so genau. Da stellt selbst die nicht gerade für ihre weltoffene Einstellung bekannte russisch-orthodoxe Kirche keine Ausnahme dar. Die Homoehe ist weder staatlich noch kirchlich abgesegnet, doch wollte ein Pope in Nizhnij Nowgorod einem stadtbekannten heiratswilligen männlichen Pärchen dennoch den Wunsch nach Gottes Segen nicht abschlagen. Vater Vladimir stellt seine Dienstleistungen wie üblich gegen das Zehnfache der normalen Gebühren zu Verfügung. Die Trauung kostete demnach umgerechnet etwa 500 Dollar. Sie fand aufgrund des Risikos, entdeckt zu werden, in einer kleinen Kapelle ohne Trauzeugen, aber mit den üblichen Riten statt. Doch als seine Vorgesetzten in der Eparchie von dem blasphemischen Vorfall Wind bekamen, wurde dem liberalen Popen das Recht, den Gottesdienst auszuüben, entzogen. Bei der Trauung handele es sich um eine sorgfältig geplante Provokation der Kirche und um Agitation für die Homoehe.