Alles wird besser, weil …

… Gen-Gerste dem Deutschen Reinheitsgebot die nationalistische Stammwürze nehmen könnte. Bayernherzog Wilhelm IV. diktierte 1516, dass »füran zu kainem pier merer stückh dan allain gersten, hopfen un wasser genommen un gepraucht solle werdn«. Jetzt aber plant die EU den freien Verkauf und Anbau von genmanipulierter Gerste. Zum Entsetzen vieler deutscher Biertrinker fehlt in dem Originalschriftstück eine genaue Definition, was Gerste ist. Schon heute kommen in die Braukessel Bio-, Sommer- und Wintergerste. Die Gen-Gerste verstößt also nicht gegen das Reinheitsgebot, verlangt wird nun ein freiwilliger Verzicht der Brauereien.

Dabei schmeckt ein hochprozentiges Dunkles aus der kleinen oberpfälzischen Lokalbrauerei bestimmt besser, wenn es mit steriler Gen-Gerste aus einem amerikanischen High-Tech-Labor gebraut wurde.

Obendrein wäre ein Bier, wirklich und wortgetreu gebraut nach dem Reinheitsgebot von Wilhelm IV., vor allem eines: gesundheitsschädlich. Hefezusätze waren nämlich 1516 unbekannt, die Gärung erledigten zufällig vorbeischwebende Bakterien – mit wechselndem Erfolg. Erst später wurden hochgezüchtete Bierhefen gezielt eingeschleust, um Vergiftungen zu verhindern.

Das unausgegorene Reinheitsgebot funktioniert nur als identitätsstiftendes Marketingkonzept und zur Abschottung des deutschen Marktes vor ausländischer Konkurrenz.

Daran, wie man die Güte eines Bieres erkennen kann, hat sich seit 1516 nichts wesentlich verändert: Man setzte sich mit einer Lederhose bekleidet auf eine Holzbank, die zuvor mit Bier übergossen wurde. Klebte die Hose an der Bank fest, war das Bier gut.

udo van lengen