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Zwei Regierungen, zwei Krisen

Israel/Palästinensische Gebiete. Kaum zum palästinensischen Ministerpräsidenten ernannt, droht Ahmed Qureia schon mit Rücktritt. Am Donnerstag der vergangenen Woche verschob Ha’aretz zufolge das palästinensische Parlament die Abstimmung über Qureias Notstandskabinett, da viele der Abgeordneten, mehrheitlich Fatah-Kader und ehemalige Minister der Regierung Abbas, ihre Zustimmung verweigern wollten, denn etliche von ihnen wollen selber einen Posten bekleiden. Danach kam es zu einem Streitgespräch zwischen Qureia und Arafat, der seine Haltung zu den Machtkompetenzen seines Premiers mehrmals in den Tagen zuvor geändert hatte – je nachdem ob die USA Israel gegenüber eine zustimmende oder ablehnende Haltung zu einer möglichen Ausweisung Arafats signalisierten. Ein Schlichtungsgespräch im Zentralkomitee der Fatah-Bewegung am Sonnabend brachte keine Fortschritte.

Derweil trafen sich Vertreter der israelischen Opposition mit palästinensischen Politikern in Jordanien, um über eine Wiederbelebung des Friedensprozesses zu beraten. Nach der jüngsten Koalitionskrise in Israel spekuliert die Arbeitspartei auf Neuwahlen. Den Anlass könnte der drohende Ausstieg der Nationalreligiösen Partei aus der Regierung bieten, die sich gegen den Beschluss wehrt, das Religionsministerium abzuschaffen. Es glich bisher eher einer Versorgungseinrichtung für Parteifunktionäre der religiösen Parteien als einem effizienten Ministerium. Hinter der Entscheidung steht vornehmlich das Betreiben der säkular-liberalen Partei Shinui, die den Einfluss der religiösen Parteien schwächen will.

Diebesgrüße aus Moskau

Irak. Die organisierte Kriminalität im Irak droht nach dem Sturz des Saddam-Regimes überhand zu nehmen. Zu diesem Schluss kommt ein Bericht der in Wien ansässigen UN-Behörde für Terrorprävention, Verbrechensbekämpfung und Drogenkontrolle (UNODC). So behaupten die Autoren, dass der Ölschmuggel mittlerweile wieder Vorkriegsdimensionen erreicht hat: »Es wird geschätzt, dass täglich drei Millionen Liter Diesel den Irak auf illegale Weise verlassen.« Neu dagegen ist die Funktion des Irak als Transitland für Drogen aus Afghanistan und Zentralasien. Die handelnden Akteure sind dagegen die gleichen geblieben. »Eine Schmuggelmafia mit starken Verbindungen zum alten Regime konnte ihre Funktionen aufrechterhalten«, heißt es in dem Bericht.

Bernard Frahi, Chef der UNODC-Delegation, die im August den Irak bereist hat, erklärte der Jungle World: »Es gibt durchaus Indizien dafür, dass die Seilschaften des Saddam-Regimes die Einnahmen aus den mannigfachen Aktivitäten der mit ihnen verbundenen kriminellen Banden für die Finanzierung von Terroranschlägen gegen die Übergangsverwaltung nutzen.« Viel Zeit bleibt den US-Besatzern nach Ansicht eines UN-Experten nicht mehr: »Wenn die Koalition die Angelegenheit nicht innerhalb der nächsten vier oder fünf Monate löst, wird die Lage vollkommen außer Kontrolle geraten.« Dann würden Zustände wie im Russland der ersten Hälfte der neunziger Jahre drohen.

Noble Entscheidung

Norwegen. Eigentlich hätte ja auch die Jungle World den diesjährigen Nobelpreis verdient, schließlich hat Alfred Nobel in seinem Testament die Auszeichnung denen zugedacht, die sich insbesondere »für die Verbrüderung der Völker und für die Abschaffung oder Verminderung der stehenden Heere« eingesetzt haben. Nun hat aber das Komitee in Oslo der iranischen Bürgerrechtlerin Schirin Ebadi den Preis verliehen.

Die progressive Juristin kämpft für die Rechte von Frauen und Kindern, Rede- und Religionsfreiheit und streitet für die Gleichheit vor dem Gesetz. Einst war sie die erste Richterin ihres Landes, seit der Machtergreifung der Ayatollahs muss sie als Anwältin arbeiten. Sie verteidigte u.a. die Frauenrechtlerinnen Mehrangiz Kar und Shahla Lahiji, denen nach der Teilnahme an einer Konferenz der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin vorgeworfen wurde, einen Umsturz geplant zu haben. Mehrmals stand sie selbst vor Gericht, zuletzt wurde sie zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil sie ein Video mit brisantem Inhalt verbreitet hatte. Darin berichtete ein Mitglied des gefürchteten Schlägertrupps Ansar-e Hizbollah über den Schutz vor strafrechtlicher Verfolgung durch ranghohe Vertreter des Regimes.

Mit Ebadi wurde zum elften Mal eine Frau und zum ersten Mal eine Muslima mit dem Nobelpreis geehrt. Die meisten Beobachter waren von einer Entscheidung zwischen ihren männlichen Konkurrenten Vaclav Havel, Lula da Silva und Papst Johannes Paul II. ausgegangen.

Ehre oder Rente

Nicaragua. »Wir waren immer Alliierte der Vereinigten Staaten und als solche fühlen wir uns von ihnen im Stich gelassen«, sagt Salvador Talavara, Vorsitzender der Partido Resistencia Nicaraguense (PRN), des politischen Sammelbeckens der ehemaligen Contras. Talavara und 300 ehemalige Anführer der Contras fordern von den USA nun eine Kompensation für ihre Dienste im Kampf gegen die linken Sandinisten in den achtziger Jahren. Als Vorbild dienen den ehemaligen Guerilleros die von der US-Regierung gewährten Zahlungen an Vietnamesen, die an der Seite der US-Streitkräfte im Vietnamkrieg gekämpft hatten.

Doch nicht alle Veteranen unterstützen diese Bestrebungen. Efren Altamirano, Kongressabgeordneter und ebenfalls früherer Contra-Kommandant, sieht sich dem San Francisco Chronicle zufolge in seiner Ehre gekränkt, denn dies würde ihn und seine einstigen Mitstreiter auf den Status von einfachen Söldnern herabwürdigen. Er betont, dass sie den Kampf aus eigenem Antrieb begonnen hätten und außerdem zuerst von Argentinien unterstützt worden seien, die USA hingegen hätten ihnen erst später geholfen.