Relaunch für Deutschland

Zum Sinn der Olympiadiskussion von martin krauss

So viel Sport war nie. Nachdem die deutschen Fußballfrauen gerade Weltmeisterinnen wurden, nachdem sich Rudis Resterampe gerade für die EM qualifizierte und wo doch die Fußball-WM 2006 in Deutschland stattfinden wird, fehlen hier nur noch die Olympischen Spiele, zum Beispiel in Leipzig im Jahr 2012.

Als Otto Schily jüngst das Kulturprogramm vorstellte, das auf die Fußball-WM 2006 einstimmen soll, erkundigte sich eine britische Journalistin, ob mit so vielen Sportereignissen ein »Relaunch für Deutschland« geplant sei. Schily wollte das nicht kommentieren. Denn der Sport, das weiß der zuständige Minister, ist etwas sehr Brauchbares. Die Eröffnungsfeier der letzten Spiele in Salt Lake City wurde von drei Milliarden Menschen live im Fernsehen verfolgt, so viele waren nicht mal bei Dianas Beerdigung dabei. Wer eine solche Veranstaltung mit sportlichen jungen Menschen aus aller Welt ausrichten darf, auf den fällt der Glanz des sympathischen Kosmopoliten. Also ein eher undeutscher Glanz. Der Sport produziert ein Image, das haben muss, wer auf dem Weltmarkt etwas darstellen möchte.

Das ist so, seit erfolgreiche Athleten keine Herrensportler mehr sind, sondern Weltstars. Das ist so, seit die Olympischen Spiele, die mal eine Ansammlung von Gentlemen waren, bei denen kein Arbeiter mitmachen durfte, modernisiert wurden. Also ist es seit 1936 so, als die Nazis bei Olympia die Nationenwertung einführten, die Deutschland prompt gewann, und als sie mit ihrem Staatshaushalt die Spiele zu einem Projekt der nationalen Selbstdarstellung machten.

Zu schreiben, so viel Sport war nie, ist also nicht ganz richtig. So viel Sport war seit etwa 67 Jahren nicht mehr.