Yes Means No

Nach dem Krieg überließen Äthiopien und Eritrea die Grenzziehung einer unabhängigen Kommission. Doch deren Entscheidung will Äthiopien nicht akzeptieren. von jonas berhe

Zwischen den ehemaligen Kriegsparteien am Horn von Afrika droht erneut ein bewaffneter Konflikt. In einem Brief von Ende September beschwerte sich der äthiopische Premierminister Meles Zenawi beim UN-Sicherheitsrat über die von der Eritrea-Ethiopia Boundary Commission (EEBC) erarbeitete Grenzziehung, die die Ortschaft Badme und Teile von Irob Eritrea zuspricht. Diese Entscheidung sei »ein Rezept für fortgesetzte Instabilität und sogar für wiederkehrende Kriege«, warnte Zenawi, sie müsse noch einmal überdacht werden, wenn ein »definitives« Ende der Grenzstreitigkeiten erreicht werden solle.

Besonders beeindruckt zeigte sich der Sicherheitsrat nicht. Er mahnte die äthiopische Regierung, sich mit dem Urteil abzufinden. Elihu Lauterpacht, der Vorsitzende der EEBC, riet in einem Schreiben dem äthiopischen Premier, die Arbeit der Kommission anzuerkennen. Zenawis Forderungen und Schlussfolgerungen hinsichtlich der Grenzziehung seien »falsch und irreführend«. In der vergangenen Woche antwortete der äthiopische Außenminister Seyoum Mesfin mit einer Drohung: »Die Wut und die Unzufriedenheit, die die Kommission auslöste, würde so viele tickende Zeitbomben schaffen, dass ein dauernder Friede zwischen beiden Ländern nur noch Hirngespinst und Illusion wäre.«

Einen neuerlichen Waffengang könnten beide Länder nur schwer verkraften, der 1998 ausgebrochene Krieg hat sie bereits an den Rand des finanziellen Ruins getrieben. Die Toten werden auf 70 000 beziffert. Dürre, Demobilisierung und Reintegration der weit über 320 000 im Sudan lebenden eritreischen Flüchtlinge – viele tausend leben dort bereits seit dem Guerillakrieg, der 1991 mit der Unabhängigkeit Eritreas endete – verbrauchen immense Ressourcen.

Isaias Afeworki, der Präsident Eritreas, wandte sich jüngst mit der Bitte um Unterstützung an die so genannte internationale Gemeinschaft. Über den Grenzverlauf möchte seine Regierung auf keinen Fall nochmals debattieren. Sie verwies auf die damals von allen Beteiligten als »endgültig und bindend« gekennzeichnete Regelung. Die äthiopische Regierung scheint jedoch vergessen zu haben, dass sie gemeinsam mit Eritrea im Dezember 2000 einen Friedensvertrag unterzeichnete, in dem beide Staaten zusagten, die von der unabhängigen Kommission zu beschließende Grenzziehung zu akzeptieren. Im April letzten Jahres entschied die EEBC endgültig über die Grenze zwischen den verfeindeten Staaten, in diesem Monat sollte mit der Markierung begonnen werden. Eritrea fordert von der Uno nun Sanktionen gegen Äthiopien.

Die äthiopische Seite hatte sich mit ihrer eigenwilligen Auslegung der von der UN-Friedensmission für Eritrea und Äthiopien (Unmee) eingerichteten 25 Kilometer breiten Sicherheitszone in den letzten Monaten ohnehin schon unbeliebt gemacht. Wiederholt musste die 4200 Personen starke Unmee Äthiopien an ihre Verpflichtung erinnern, nicht mit Militäreinheiten in die Sicherheitszone einzudringen.

Gerade die USA dürften das Gesuch Eritreas unterstützen. Zwar spricht die US-Regierung manchmal von den Menschenrechtsverletzungen im Land und erwähnt jene in der Verhaftungswelle vom Herbst 2001 inhaftierten DissidentInnen, die politische Reformen und freie Wahlen gefordert hatten. Interessanter ist für ihren »Krieg gegen den Terror« aber die geostrategische Lage des kleinen Partners am Horn von Afrika. Entsprechend groß sind die Bemühungen um Marinestützpunkte in der Hafenstadt Massawa und auf den Dahlak-Inseln und um die militärische Nutzung der Hafenstadt Assab.

Innenpolitisch kommen der eritreischen Regierung die äthiopischen Drohgebärden nicht ungelegen. Die wiederholt verschobenen Wahlen sind mit dem alten Vorwand einer »ausländischen Intervention« wieder in unerreichbare Ferne gerückt bzw. finden nur auf unbedeutender kommunaler Ebene statt. Das Land scheint hochgradig militarisiert zu sein. Sogar das Schulsystem wurde umgestellt, um alle SchülerInnen nach einer dreimonatigen militärischen Ausbildung die zwölfte Klasse abschließen zu lassen.

Die Regierung Zenawi wiederum steht innenpolitisch unter Druck. Von Anfang an war es ihr nicht gelungen, die Grenzziehung als Gewinn zu verkaufen. Zwar konnte sie die härtesten KritikerInnen mundtot machen und aufgrund von Korruptionsvorwürfen inhaftieren. Nun aber stellt sich erneut die Frage nach der Macht der Regierung. Zenawi braucht dringend einen außenpolitischen Erfolg, und Badme ist nach wie vor ein wichtiges Symbol.