Echte Marken

in die presse

In Deutschland ist schon viel zu lange über Verteilung gesprochen worden. Das sagt jedenfalls der frühere SPD-Bundesgeschäftsführer und Staatssekretär a.D. Matthias Machning. Beziehungsweise: Machning »dröhnt«. So steht es in der Broschüre »Marke in Deutschland«, die am Donnerstag vergangener Woche der Süddeutschen Zeitung beilag. In dem Heftchen findet sich ein Mix aus Hochglanzanzeigen und Kritik an deutschen Zuständen, auf den man in der Süddeutschen ansonsten eher freitags beim Durchblättern des SZ-Magazins stößt, wenn es vom Gucci-Hundehalsband zur Stützestory und wieder zurück zur Witzigmann-Wachtel geht.

Dass Deutschland stillsteht und es nicht anpackt, dass kein Ruck durch das Land geht, »nur noch Jammer, Paragraphen und Bedenken« (»Marke in Deutschland«) herrschen, hat politische Folgen. Die Gegenmaßnahmen haben der mit der Regierung beauftragten Partei inzwischen bundesweit bayerische Verhältnisse eingebracht: 22 Prozent ist das aktuelle Rating der SPD.

Offensichtlich aber wird für einen Großteil der Deutschen viel zu wenig über Verteilung gesprochen. Man merkt es, wenn die Propagandamaschine heiß läuft und wenn etwa ein Initiator des Verbunds »Marke Deutschland« feststellt, die meisten Reformen scheiterten in Deutschland am Besitzstandsdenken einzelner Interessengruppen, also doch wohl an dem der Besitzenden. Unheimlich an »Marke in Deutschland« wie auch an solch merkwürdigen Kampagnen wie »Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft« oder »Deutschland packt’s an« ist, dass es ihren Geldgebern ja demnächst klar werden muss, dass die Bemühungen der gekauften Kreativen wirkungslos bleiben: »Genug gesprochen« – und das Volk, das nicht hören will, wird fühlen.

Wie das geht, können die Herren in ihren eigenen, gerade rechtzeitig erstellten kritischen Firmen- und Konzerngeschichten nachlesen, und sie können einen alten deutschen Wort-Exportschlager wieder aufleben lassen, ohne eine »Naming-Agentur« zu bemühen oder ins von »Marke in Deutschland« so wenig gemochte »Denglish« zu verfallen: »Lager«.

ambros waibel