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Da lacht das Atom

Stade. Für Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) war die Abschaltung des Atomkraftwerkes im niedersächsischen Stade ein Grund zum Feiern. Zusammen mit seinen Parteikollegen verspeiste er auf dem Landesparteitag in Oldenburg Kuchen in Form von Atommeilern und entzündete Wunderkerzen. »Die Atomenergie hat in Deutschland keine Zukunft mehr«, erklärte er in der vergangenen Woche. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, begrüßte den »Ausstieg aus einem technologischen Irrweg«.

Die Abschaltung des unrentablen, 32 Jahre alten Atommeilers am vergangenen Freitag wurde als Erfolg verkauft, nachdem zwei Tage zuvor 18 500 Polizisten einen Castor-Transport nach Gorleben begleitet hatten. An der Zugstrecke in Niedersachsen war Trittins Dankbarkeit gegenüber der Anti-Atomkraft-Bewegung, die er in Oldenburg aussprach, noch nicht so recht spürbar gewesen. Tatsächlich geschieht nun das, was Atomkraftgegner vom so genannten Atomkonsens der Bundesregierung und der Energiewirtschaft erwartet haben: Ein oder zwei Schrottreaktoren werden noch in dieser Legislaturperiode stillgelegt, der Rest läuft für Jahrzehnte munter weiter.

Die Betreibergesellschaft Eon wies ausdrücklich darauf hin, dass die um ein Jahr vorgezogene Abschaltung des AKW in Stade rein wirtschaftliche Gründe habe. Walter Hohlefelder, der Vorsitzende des Aufsichtsrats, plädierte dafür, sich die »Kernenergie als Zukunftsoption offen zu halten«. Das Gelände, auf dem das Atomkraftwerk steht, will Eon als »atomares Zwischenlager« nutzen.

Abhören und geheim halten

Al-Qaida-Prozess. Wissen ist Macht, nichts zu wissen, macht nichts, denkt sich die Bundesregierung. Das Bundesinnenministerium hielt in der vergangenen Woche mehrere Passagen abgehörter Telefonate mutmaßlicher Mitglieder der al-Qaida geheim. Ihre Veröffentlichung könne »dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten«, hieß es in einer Erklärung des Ministeriums, die vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht verlesen wurde. Das macht neugierig.

Es soll sich vor allem um Telefonate Abu Mussad Sarkawis handeln, der verdächtigt wird, al-Qaida anzugehören, und zudem Anführer der Gruppe al-Tawhid sein soll. In Düsseldorf steht derzeit ein 27jähriger Palästinenser vor Gericht, der gestanden hat, als Mitglied dieser Gruppe Anschläge auf jüdische und israelische Einrichtungen vorbereitet zu haben und zeitweise der Leibwächter Ussama bin Ladens gewesen zu sein.

Draußen vor dem Tor

Naziaufmarsch. Nachdem das Brandenburger Oberverwaltungsgericht den Aufmarsch in Halbe am vergangenen Samstag unter dem Motto »Ruhm und Ehre den deutschen Frontsoldaten« kurzfristig doch genehmigt hatte, reisten etwa 400 Rechtsextreme an, denen rund 250 GegendemonstrantInnen entgegentraten.

Während die Neonazis nur bis zum Friedhofsvorplatz marschieren durften und Fackeln und Trommeln zu Hause lassen mussten, legte die Landtagsfraktion der DVU wenige Stunden zuvor Kränze für die deutschen Helden ab und setzte somit die rechtsextreme Tradition fort. Anfang der neunziger Jahre tummelten sich am so genannten Volkstrauertag in Halbe regelmäßig Tausende von Neonazis, um die 20 000 Wehrmachts- und SS-Angehörigen zu feiern, die sich der Roten Armee bei deren letzter Offensive vor der Befreiung Berlins im April 1945 dummerweise nicht hatten ergeben wollen.

Die Einsamkeit der Druckfahne

Tarifverhandlungen. Der Bundesverband deutscher Zeitungsverleger will, dass Redakteure künftig 40 Stunden wöchentlich schuften. Derzeit gibt es 14 000 fest angestellte Zeitungsredakteure in Deutschland mit einer offiziellen Arbeitszeit von 36,5 Stunden wöchentlich. Nach einer Einschätzung des Vorsitzenden des Deutschen Journalistenverbandes (DJV), Michael Konken, werde die Verlängerung der Arbeitszeiten jeden zehnten Arbeitsplatz kosten.

Die Redakteure boten im Rahmen der aktuellen Tarifverhandlungen stattdessen Kürzungen des Urlaubs-und Weihnachtsgeldes an. Der Bundesverband hielt jedoch an seiner Forderung fest. Der Verhandlungsführer des DJV, Hubert Engeroff, kündigte deshalb für Januar Streiks in den Redaktionen an. Aber bitte beim Focus anfangen

Trend zum Viertauto

Aufschwung.Längst schon gefühlt, wird er endlich wahr: der Aufschwung! Die Menschen jubeln auf den Straßen und liegen sich überglücklich in den Armen. Das Bruttoinlandsprodukt wuchs im dritten Quartal um 0,2 Prozent. Deutschland, eine Rakete!

Die Telekom macht vor, was es heißt, das Land nach vorn zu bringen. Kai-Uwe Ricke, der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens, sagte: »Wir haben den Konzern einer wahren Rosskur unterzogen, aber das hat uns gut getan.« Statt in einem Quartal über 20 Milliarden Euro Miese zu machen, wie es Rickes erfolgloser Vorgänger Ron Sommer im vergangenen Jahr schaffte, erwirtschaftete der Konzern einen Gewinn von rund einer halben Milliarde Euro; die Schulden, die in diesem Jahr zurückgezahlt werden sollen, waren schon Ende September beglichen. Kein Wunder also, dass die Angestellten sich bereits auf »weitere Einschnitte« gefasst machen müssen, damit die Bilanz noch beeindruckender wird.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hat es da einfacher. Er muss bloß auf die nächste Stufe der Steuerreform warten. Die Politik müsse »Vertrauen schaffen, damit die Kaufbereitschaft wieder zunimmt«, forderte der Verband in der vergangenen Woche und drängte auf ein Vorziehen der Reform. Und Vertrauen schaffen 4 500 Euro jährlich mehr in den Taschen der Großverdiener allemal. Dann kann der Trend endlich zum Viertauto gehen.