Nachrichten

Der Vergangenheit treu bleiben

Italien. Die italienischen Postfaschisten der Alleanza Nazionale (AN) frischen ihr Make-up auf. Sie versuchen es zumindest: Am Sonntag begann der lang vorbereitete Staatsbesuch von Vizepremier Gianfranco Fini in Israel. Neben mehreren Treffen mit dem israelischen Staatspräsidenten Moshe Katsav, dem Regierungschef Ariel Sharon und dem Oppositionspolitiker Shimon Peres ehrte Fini bei einem Besuch der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem die Opfer und Helden des Holocaust. Finis Bemühungen, seine Partei von dem Image zu befreien, das ihr noch aus ihrer neofaschistischen Vergangenheit anhaftet, scheinen jedoch nicht von allen Mitgliedern der Alleanza Nazionale begrüßt zu werden.

Das bewies vergangene Woche der AN-Abgeordnete Antonio Serena, der seinen Kollegen im Parlament ein autobiografisches Video des früheren SS-Hauptsturmführers Erich Priebke schickte, in dem er eine lange Selbstverteidigung vorträgt. Priebke war an dem Massaker in den Ardeatinischen Höhlen in der Nähe von Rom beteiligt, bei dem am 24. März 1944 335 Zivilisten erschossen wurden. Nach Kriegsende hatte sich Priebke in Argentinien versteckt, 1995 wurde er nach Italien ausgeliefert und 1997 als Kriegsverbrecher zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Abgeordnete Serena, der in den vergangenen Jahren mehrmals für eine Begnadigung Priebkes plädierte, wurde sofort aus der Partei ausgeschlossen. Eine Rehabilitierung der AN ist vor allem das große Ziel ihres Parteivorsitzenden, an der Basis scheint man daran nicht so großes Interesse zu haben.

Schneller abgewiesen

Frankreich. Das französische Parlament hat eine Beschleunigung der Asylverfahren beschlossen. Ab Januar sollen die Behörden innerhalb von zwei Monaten über einen Asylantrag entscheiden. Bisher dauerte ein Asylverfahren in Frankreich im Schnitt zwei Jahre. Das neue Asylrecht enthält zudem eine Liste so genannter »sicherer Herkunftsstaaten«, Migranten aus diesen Ländern wird das Recht auf Asyl künftig automatisch verweigert.

Eine neue Kategorie ist das »interne Asyl«: Darunter fallen Personen, die in ihrem Herkunftsland zwar verfolgt werden, deren Sicherheit dort aber von internationalen Einrichtungen garantiert werden soll. Die parlamentarische Opposition hatte versucht, das Gesetz zu verhindern und wirft der Regierung vor, Asyl- und Einwanderungsrecht zu vermischen und Asylsuchende zu stigmatisieren. Im vergangenen Jahr beantragten rund 52 000 Personen Asyl in Frankreich, für 2004 wird mit 85 000 Asylsuchenden gerechnet. Im Jahr 2000 wurde nicht einmal ein Fünftel der Anträge anerkannt.

Patriarchaler Rollback

Tschechien. Christdemokratische Mitglieder der tschechischen Regierung haben zusammen mit Vertretern der oppositionellen Demokratischen Bürgerpartei einen Entwurf zu einem Antiabtreibungsgesetz vorgelegt. Sollte sich eine Mehrheit für diesen Vorstoß finden, so wird Abtreibung zukünftig ausschließlich bei akuter Gefahr für Leib und Leben der Schwangeren erlaubt sein. Konservative Abtreibungsgegner starteten gleichzeitig eine Kampagne gegen Abtreibung. Das geltende Recht erlaubt eine Abtreibung bis zur zwölften Schwangerschaftswoche. Der Chef der tschechischen Ärztekammer protestierte entschieden. Das Gesetz bedeute eine Renaissance »krimineller Abtreibungen« und erhöhe das gesundheitliche Risiko der Frauen.

In den vergangenen zehn Jahren ging die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Tschechien von 120 000 auf 40 000 zurück.

Sieben in Thessaloniki

Griechenland. Eine Gruppe von Anarchisten und Antiautoritären hat am vergangenen Donnerstag das Institut des Rektors der Universität in Athen besetzt. Die Besetzer fordern die Freilassung der sieben Globalisierungskritiker, die während der großen Demonstration gegen den EU-Gipfel in Thessaloniki am 21. Juni festgenommen wurden. Fünf der Inhaftierten befinden sich seit mehr als einem Monat im Hungerstreik. Ihrem Antrag, bis zur Verhandlung auf Kaution freigelassen zu werden, wurde nicht stattgegeben. Der Termin für die Verhandlungen ist noch immer offen. Das griechische Gesetz erlaubt eine Untersuchungshaft bis 18 Monate. Die Ärzte in dem Gefängniskrankenhaus Korydalos weisen darauf hin, dass sich zwei der Hungerstreikenden mittlerweile in einem gefährlichen Zustand befinden. Eine Ärztin berichtete, dass einer der Gefangenen während eines Krankenhausaufenthalts geschlagen wurde.

Allen sieben Inhaftierten wird vorgeworfen, auf der Demonstration Brandsätze bei sich gehabt zu haben. Ein Video, das auch im staatlichen Fernsehen lief, zeigt allerdings, wie die Polizei bei der Festnahme von Simon Chapman dessen Rucksack mit einem anderen voller Molotow-Cocktails vertauschte. Seit Monaten finden regelmäßig Demonstrationen gegen ein Festhalten der sieben in Thessaloniki und Athen statt.

Teurer Kuss

Griechenland. Eine TV-Soap kann mehr schaden als die MTV Awards. Zumindest ist der griechische nationale Radio- und Fernsehrat fest davon überzeugt. Nachdem sämtliche griechische Fernsehsender im August den »skandalösen« Kuss zwischen Madonna, Britney Spears und Christina Aguilera gezeigt hatten, wurde der private griechische Fernsehsender Mega Channel vergangene Woche zu einer Geldstrafe von 100 000 Euro verdonnert, weil er junge Menschen mit Vulgarität vertraut mache und schädige. In der beliebten Serie »Schließe deine Augen«, die sich um das Leben einer Gruppe junger Athener dreht, wurde gezeigt, wie sich zwei Männer küssen.

Der Kuss der beiden Schwulen wurde als »Ereignis von Randgruppen« bezeichnet, es handle sich dabei nicht um »ein übliches Phänomen«. Allzu viele Kinder konnten durch diese außerordentliche Szene allerdings nicht verdorben werden. Die beliebte Serie mit hohen Einschaltquoten läuft erst nach 22.30 Uhr. Um gegen die prüde Abmahnung der Fernsehaufsicht zu demonstrieren, versammelten sich rund 50 Lesben und Schwule in Athen zu einem Kiss-In.