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Befreiung ausgefallen

Côte d’Ivoire. Nach einer turbulenten Woche schienen die Zeichen in der ehemaligen französischen Kolonie auf Entspannung zu stehen. Nach einem Treffen mit Kommandeuren der Rebellentruppe Nouvelles Forces in der Hauptstadt Yamassoukro erklärte Präsident Laurent Gbagbo am Donnerstag, die Entwaffnung der Rebellen, die den Norden des Landes kontrollieren, werde am 15. Dezember beginnen; er selbst werde demnächst in der Rebellenhochburg Bouaké das offizielle Ende des Krieges verkünden. Doch nur Stunden später dementierte ein Rebellensprecher die angebliche Vereinbarung und bezeichnete sie als »Theater«. Zuvor hatten französische »Peacekeepers« den Vormarsch von 200 jugendlichen Gbagbo-Anhängern und 100 ivorischen Soldaten, die Bouaké »befreien« wollten, gestoppt. In der Folge belagerten einige hundert Gbagbo-Anhänger die französische Militarbasis in Abidjan und forderten den Abzug der 3 800 französischen Soldaten aus der Pufferzone.

Im Januar war unter französischer Vermittlung ein Friedensabkommen geschlossen worden, das eine »Versöhnungsregierung« vorsah. Im September zogen sich die Rebellen aus dieser Regierung jedoch zurück und beschuldigten Gbagbo, sich nicht an die ausgehandelten Bedingungen zu halten.

Chiracs Menschenrechte

Tunesien. Die Kritik an der »westlichen Konzeption der Menschenrechte« ist bereits einige Jahre alt. Die von den westlichen Ländern betonten liberalen Menschenrechte – als Abwehrrechte gegen die Staatsgewalt – seien für jene von relativ geringem Interesse, die an Hunger oder Krankheiten zu sterben drohten, monierten auch Linke immer wieder. Allerdings machten realsozialistische Staatsführungen und autoritäre Regierungen in Asien sich diese Kritik für ihre eigenen Herrschaftszwecke zunutze, um davon abzulenken, dass nicht einmal die als »formale Rechte« kritisierten bürgerlichen Rechte bei ihnen galten, wobei es um die sozialen Rechte meist auch nicht besser bestellt war.

Frappierend ist, wenn ein westlicher Staatschef diese Kritik an der »westlichen Konzeption« selbst auf den Lippen führt. Mit den Worten, »das erste Menschenrecht ist, zu essen, Gesundheitsversorgung und Bildung zu haben«, nahm am vorigen Mittwoch Frankreichs Präsident Jacques Chirac in Tunis das diktatorische Regime des tunesischen General-Präsidenten Zinedine Ben Ali in Schutz. Dieses habe dem Land einen, im Vergleich zu den übrigen Maghreb-Ländern – Tunesien hat aber auch eine viel kleinere Bevölkerungszahl –, recht hohen Entwicklungsstand beschert. Daher brauche es keine Kritik auszuhalten.

Lebensgefährlich

USA. Die Beamten der Polizeibehörde von Cincinnati langen gerne härter zu, insbesondere gegenüber afroamerikanischen und migrantischen Stadtbewohnern. Jüngstes Opfer ihres rassistischen Diensteifers wurde der 41jährige Nathaniel Jones. Er hatte es gewagt, bei einer Polizeikontrolle Widerstand zu leisten. Für die sechs Beamten Grund genug, ihn buchstäblich zu Tode zu prügeln. Eine Videokamera dokumentierte das Geschehen.

Cincinnatis Bürgermeister Charlie Luken verteidigte die mörderischen Staatsdiener: »Was ich gesehen habe, ist, wie ein 160 Kilogramm schwerer Mann einen Polizeibeamten in einer solchen gewalttätigen Weise angegriffen hat, dass das Leben eines Beamten gefährdet war.« Der Vorfall werde untersucht, bislang gebe es aber keine Anzeichen für ein Fehlverhalten. Die sechs Beamten sind vorübergehend vom Dienst suspendiert worden. Jones’ Familie monierte den Umstand, dass die Videoaufzeichnung eine Lücke von 97 Sekunden aufweise.

Im April 2001 sorgte die Tötung eines 19jährigen, unbewaffneten Afroamerikaners für tagelange Riots der sozial deklassierten schwarzen und migrantischen Jugend. Zwischen 1996 und 2001 tötete die Polizei von Cincinnati insgesamt 15 schwarze Jugendliche.

Strahlende Zukunft

USA. US-Militärs propagieren seit längerem die Entwicklung von taktischen Atomwaffen. Atomare Waffen sollen nicht länger der »Abschreckung« dienen, sondern in »konventionellen Kriegen« zum Einsatz kommen. Das Pentagon darf sich nun freuen. In der vorletzten Woche, berichtete der britische Observer, gab die Bush-Administration ihre »stillschweigende, aber endgültige« Zustimmung für ein umstrittenes Forschungsprojekt zu so genannten bunker busters. Die neuen A-Waffen sollen mittels Schockwellen tiefliegende Bunker zerstören können, auch wenn die Bombe selbst den Bunker nicht erreicht. Eine überaus nützliche Waffe nicht nur gegen Tora-Bora-ähnliche Festungsanlagen, sondern möglicherweise auch gegen tiefliegende Raketensilos. Kritiker befürchten, dass damit eine neue weltweite nukleare Aufrüstungsrunde eingeläutet werden könne, insbesondere im Hinblick auf die diplomatischen Bemühungen, Länder wie Iran oder Nordkorea zur Aufgabe ihrer atomaren Pläne zu bewegen.

Red Notice

Liberia. »Die Person kann gefährlich sein«, vermerkt der Steckbrief des ehemaligen liberianischen Präsidenten Charles Taylor lakonisch, den Interpol in der vergangenen Woche ausstellte. Taylor wird wegen Verbrechen an der Menschheit und schweren Verstößen gegen die Genfer Konvention vom Kriegsverbrechertribunal in Sierra Leone gesucht. Ob die »Red Notice« von Interpol als Haftbefehl gewertet wird, liegt im Ermessen der Regierung Nigerias.

Präsident Olusegun Obasanjo hatte Taylor im August Asyl gewährt, da dessen Rücktritt eine Voraussetzung für die Einigung der Kriegsparteien in Liberia war. Vorausgegangen seien »Konsultationen mit der Uno und anderen internationalen Agenturen über die Notwendigkeit, das Blutvergießen in Liberia zu beenden«, erklärte eine Regierungssprecherin. Dies sei eine »politische Angelegenheit«, und man werde Taylor nicht ausliefern. Die Regierung betrachtet die seitdem vor allem von den USA erhobene Forderung, Taylor vor Gericht zu stellen, als Affront und als Gefährdung des ohnehin prekären Friedensprozesses in Liberia.