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Gott ist tot

Frankreich. Damit die französische Republik auch weiterhin eine laizistische bleibt, sollen in Zukunft alle religiösen Symbole wie Hijab, Kippa oder Kreuz aus den öffentlichen Bildungseinrichtungen verbannt werden. Eine Regierungskommission war mit der Ausarbeitung eines Gesetzentwurfes zur Wahrung des Staatsprinzips beauftragt worden. Staatspräsident Jacques Chirac ließ bereits durchblicken, dass er ein solches Gesetz für notwendig halte. Um keinen Anschein religiöser Diskriminierung aufkommen zu lassen, sollen überdies sowohl ein jüdischer als auch ein moslemischer Feiertag zu schulfreien Tagen erklärt werden.

Die Trennung von Kirche und Staat besitzt in Frankreich seit 1905 Verfassungsrang. Auslöser für die ungewöhnliche Maßnahme, religiöse Symbole per Gesetz zu verbieten, waren die permanenten Auseinandersetzungen um das Tragen des islamischen Kopftuches in staatlichen Schulen. Zwei muslimische Migrantinnen waren deswegen im Frühjahr von ihrer Schule verwiesen worden.

Gegen Polizeigewalt

Griechenland. Seine Beerdigung wurde zu einer Demonstration gegen Polizeigewalt. Vier Tage, nachdem ein Polizist Iraklis Marangakis in den Kopf geschossen hatte, ist der 22jährige am Donnerstag vergangener Woche gestorben. An der Beerdigung nahmen fast 2000 Menschen teil. Am 7. Dezember hatte der Wagen, in dem Marangakis als Beifahrer saß, bei einer Straßenkontrolle in der Nähe von Iraklion auf Kreta nicht angehalten. Die Polizisten eröffneten sofort das Feuer und verwundeten Marangakis schwer. Am selben Abend nahmen 150 FreundInnen, Verwandte und AnarchistInnen die Polizeiwache in Iraklion auseinander. Nach zweistündigen Auseinandersetzungen wurden sechs Personen festgenommen.

Die drei Beamten sitzen auf der Insel Kos in Untersuchungshaft, da sowohl auf Kreta als auch in Athen nicht für ihre Sicherheit garantiert werden kann. Alle sieben Polizeikugeln aus den drei verwendeten Waffen sind verschwunden, sodass der Schütze nicht festgestellt werden kann.

Totgesagte leben länger

Frankreich/Spanien. Die Eta scheint eine wahre Hydra zu sein. In der vergangenen Woche wurde sie mal wieder »enthauptet«, wie die spanische Regierung erklärte – zum vierten Mal innerhalb von vier Jahren. Nach der Festnahme von vier angeblichen Mitgliedern der Eta im südfranzösischen Pau verkündete der spanische Premierminister José María Aznar das »baldige definitive Ende der Bande«. Deutlich verhaltener äußerte sich dagegen der Sonderermittler der französischen Polizei, Jaques Poinas. Er sprach von einem »mäßigen Erfolg«.

Die Eta kündigte als Antwort auf die Verhaftungen neue Attentate an. Zudem erklärte sich die Gruppe für Anschläge auf eine Kaserne der spanischen Armee und auf eine Spedition im Oktober verantwortlich. Frieden könne es erst mit einem Ende der »Besatzung« geben.

Auch gegen Vertreter des gemäßigten baskischen Nationalismus will die spanische Regierung schärfer vorgehen. Am vergangenen Mittwoch verabschiedete das Parlament ein Gesetz, das »unbefugte« Volksentscheide unter Haftstrafe stellt. Die Oppositionsparteien kritisierten das Gesetz, das im Eilverfahren von der Regierungsmehrheit durch das Parlament gepeitscht wurde, als politisch und rechtlich fragwürdig. Es richtet sich unverhohlen gegen das Vorhaben des Regierungschefs des spanischen Baskenlandes, Juan Jose Ibarretxe, die Bevölkerung über seine Vorschläge zur Autonomie der Region abstimmen zu lassen.

Tote Europäer

Sommerhitze. Der Sommer war herrlich. Die Sonne strahlte monatelang vom wolkenlosen Himmel, in den lauen Nächten leuchteten die Sterne, dass es eine Pracht war. Weniger schön war allerdings, dass wegen des permanenten Sparzwangs im sozialen Bereich Krankenhäuser und Alten- und Pflegeheime sehr schlecht auf die Hitzewelle vorbereitet waren. In einer Studie, die die Weltgesundheitsorganisation am vergangenen Donnerstag auf der Klimakonferenz in Mailand vorstellte, heißt es, die anhaltende Hitze dieses Sommers habe in Europa etwa 20 000 Menschen das Leben gekostet. Eine Erklärung dafür, warum in den hoch entwickelten europäischen Ländern so viele Menschen an den Folgen einer Hitzewelle sterben mussten, liefert der Bericht allerdings nicht. Es wird nur festgestellt, dass der oft strapazierte Treibhauseffekt wohl nicht schuld an der Hitze ist, auch wenn die neunziger Jahre das Jahrzehnt mit den höchsten Temperaturen seit dem Beginn der Wetteraufzeichnung waren. Und das soll so weiter gehen.

Nur geliehen

Dänemark. Schlechte Nachrichten für Europas Kiffer. Eine von der dänischen Regierung beauftragte Rechtsanwaltskanzlei verkündete vergangenen Mittwoch nach Prüfung des Sachverhalts, dass die Freistadt Christiania in Kopenhagen, ein riesiges alternatives Wohnprojekt mit eigener Infrastruktur, legal geräumt werden kann. Die Bewohner hätten das Gelände nur geliehen und nicht gepachtet, so die Argumentation, ganz im Sinne der konservativen Regierung. Diese hatte bei ihrem Amtsantritt vor zwei Jahren großspurig angekündigt, den offenen Verkauf von Drogen in Christiania zu unterbinden und die Siedlung räumen zu lassen.

Das Projekt entstand 1971 auf einem ehemaligen Militärgelände und sollte nach anderen Regeln funktionieren als den kapitalistischen. Doch genauso wie in vielen anderen Aussteigerprojekten sind viele der Christianiten, wie sie sich nennen, wieder sicher in der Gesellschaft gelandet und haben dort Karriere gemacht. Einige haben sich sogar »ihre« Häuser auf dem idyllischen Gelände mitten in der Großstadt legalisieren lassen. Etwa 1 000 Menschen leben dort allerdings weiterhin illegal in Schuppen und Bauwagen.