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Bayer mahnt mit

Holocaust-Mahnmal. Mit dem Leverkusener Chemiekonzern Bayer AG ist ein weiteres Unternehmen, das während des Nationalsozialismus an der Ermordung der Juden verdiente, am Bau des Mahnmals beteiligt. Das erwähnte Bundestagspräsident Wolfgang Thierse kürzlich auf einer Pressekonferenz, ohne den Auftrag an die Firma näher zu erläutern.

Die Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) forderte in der vergangenen Woche in einem offenen Brief an die Bundesregierung, die Stiftung »Denkmal für die Ermordeten Juden Europas« und die Bayer AG: »Profiteure des Holocaust müssen vom Gedenken ausgeschlossen werden.«

Der ehemalige Leiter des Unternehmens, Carl Duisberg, entwickelte das »System Zwangsarbeit« und war maßgeblich an der Gründung der IG Farben beteiligt. Die IG Farben profitierte an der Beschäftigung unzähliger ZwangsarbeiterInnen, die Tochterfirma Degesch belieferte die Vernichtungslager mit dem Giftgas Zyklon B.

Rein ins Kuckucksnest

Psychiatrie. Gesunde Menschen sollen hart arbeiten. Aber auch an Kranken lässt es sich gut verdienen. Der Markt der psychiatrischen Möglichkeiten wächst und wächst. Immer neue Theorien sorgen für immer neue Krankheitsbilder, und mittlerweile gibt es kaum mehr jemanden, bei dem nicht die eine oder andere Störung diagnostiziert wird. Gerade private Kliniken wollen am Geschäft mit der Krankheit kräftig verdienen.

Um die Opfer der neuen Arbeitswelt dauerhaft versorgen zu können und gleichzeitig die Kräfte der arbeitenden Bevölkerung zu schonen, hat sich der Bundesrat etwas Neues ausgedacht: Nächstes Wochenende soll das »Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts« beschlossen werden. Demnach soll bald die »zwangsweise Zuführung des Betreuten zur ambulanten ärztlichen Heilbehandlung« möglich sein und eine »Vetretungsmacht insbesondere für Ehegatten« in den Bereichen Gesundheitsfürsorge und Vermögensvorsorge eingeführt werden. Die Kranken müssen schließlich vor sich selbst geschützt werden.

Der Verein zum Schutz vor psychiatrischer Gewalt protestiert gegen die Verschlechterung der Lage der Betroffenen und ruft zusammen mit den Landesverbänden Psychiatrie-Erfahrener aus Nordrhein-Westfalen, Berlin und Brandenburg zur Demonstration vor dem Bundesrat am 19. Dezember um 8.30 Uhr in der Leipziger Straße 3–4 in Berlin auf. Mehr Infos: www.weglaufhaus.de

Mensch und Tier

Tier- und Menschenschutz. »Über die Verbesserung der Legehennenhaltung wird in Deutschland intensiver debattiert als über menschenwürdige Wohn- und Lebensumstände für Flüchtlinge«, lautet das Fazit von Pro Asyl anlässlich des Tages der Menschenrechte.

Das ist eine böse Unterstellung. Hat die Menschenrechtsorganisation etwa von dem Wettbewerb für Schülerinnen und Schüler der dritten Klassen Wind bekommen, den das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft in der vergangenen Woche startete? Mit der Fragestellung »Wie lebt die Henne?« sollen die Kinder angeregt werden zu erkunden, welche Umweltbedingungen Legehennen brauchen, um artgemäß zu leben. Sollte man Ministerin Renate Künast etwa zum Vorwurf machen, dass sie keinen Wettbewerb zum Thema »Wie lebt der Flüchtling?« ausschreibt, was ja ohnehin in das Ressort von Otto Schily fiele?

Wenn überhaupt, dann geht es aktuell darum, was der Fisch braucht, um wie ein solcher im Wasser zu leben. »Findet Nemo« sagt darüber ja schon einiges und das Göttinger Verwaltungsgericht beschäftigt sich mit der Frage, ob es Fischen zumutbar ist, in Aquarien von Discotheken gehalten zu werden. Zuvor hatte das Amt für Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz genau das verboten, weil den Tieren die laute Musik und die Lichteffekte nicht zumutbar seien. Sie seien einem »Dauerstress« ausgesetzt. Und das verstoße gegen das Tierschutzgesetz. Dagegen klagten Göttinger Discobetreiber, wie die Frankfurter Rundschau vergangene Woche berichtete.

Comeback des Waldsterbens

Klimakatastrophe. »Was sind das für Zeiten, wo / Ein Gespräch über Bäume fast eine Verbrechen ist / Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!« Dies schrieb Bertolt Brecht in seinem Gedicht »An die Nachgeborenen« . Und trotzdem sei an dieser Stelle an den Zustand des deutschen Waldes erinnert. Denn nun ist es offiziell, dass die Dürre des vergangenen Sommers, die hohen Temperaturen und Ozonwerte dem Wald einen erheblichen Schaden zugefügt haben (Jungle World, 51/03). Dies geht aus dem Waldzustandsbericht für das Jahr 2003 hervor, der am vorigen Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. Matthias Berninger (Grüne), der Parlamentarische Staatssekretär im Verbraucherministerium, sagte, besonders betroffen seien die Eichen, von denen 83 Prozent erkrankt seien. »Es gibt mit 31 Prozent nur noch weniger als ein Drittel gesunde Bäume«, erläuterte er. Die Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) hatte noch im Sommer behauptet, dass es dem Wald erheblich besser gehe.

Entwarnung

Conne Island. Für Leipzigs soziokulturelles Zentrum Conne Island, dessen Ende fast besiegelt schien (Jungle World, 51/03), besteht wieder Hoffnung. Das Finanzamt teilte den BetreiberInnen in der vergangenen Woche mit, dass nun doch die Möglichkeit bestehe, für das Jahr 2004 eine vorläufige Gemeinnützigkeit erteilt zu bekommen. Damit kann der Trägerverein Projekt auch wieder mit Fördergeldern rechnen, die für das Zentrum lebensnotwendig sind.

Zu der Frage, warum das Finanzamt den Antrag des Conne Island im November überraschend abgelehnt hatte, gibt es ebenfalls Neuigkeiten. In einer Presseerklärung schreibt Christian Schneider, der Geschäftsführer des Zentrums: »Anlass der skandalösen Entscheidung war offensichtlich ein Schreiben des Sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz vom Mai 2003, in dem der Entzug von öffentlichen Fördermitteln für das Conne Island empfohlen wird.«