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Frohes Neues!

Brandanschlag. Ein Feuerwerk der besonderen Art gab es in der Silvesternacht in Berlin-Steglitz zu sehen. Unbekannte warfen gegen ein Uhr mehrere Brandsätze auf das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in der Königin-Luise-Straße. Ein Büroraum brannte vollständig aus, zwei weitere wurden durch die Rauchentwicklung schwer beschädigt. In einem per E-Mail versandten Schreiben bekannte sich die »Militante Gruppe« (MG) zu der Aktion. Das DIW sei eine »Denkfabrik und Schulungsschmiede des Kapitals«, die angegriffen und zerschlagen werden müsse.

Das größte deutsche Wirtschaftsforschungsinstitut betreibt nach eigenen Angaben »Grundlagenforschung und wirtschaftspolitische Beratung«, unter anderem für die Bundesregierung. Klaus Zimmermann, der Leiter des Instituts, sprach sich in der Vergangenheit gegen das derzeitige Sozialsystem aus: »Arbeitslose müssen viel stärker als bisher unter Druck gesetzt werden, sich eine Arbeit zu suchen. Wir brauchen eine Kombination aus Zwang und Förderung.« Nach seiner Auffassung sollen alle Menschen, die Sozialhilfe erhalten und als arbeitsfähig gelten, im Umfang einer vollen Stelle gemeinnützige Arbeit leisten.

Sollte ihn die Renovierung seines Instituts kurzzeitig von der Verbreitung solcher Ideen abhalten, wäre das nicht zu bedauern.

Schneller und härter

Abschiebepolitik. Es kann nie schnell genug gehen, dachte sich wahrscheinlich Wolfgang Bosbach, der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion. Er wünscht sich für das neue Jahr, dass Menschen ausländischer Herkunft schon wegen des unbestätigten Verdachts, eine Straftat begehen zu wollen, abgeschoben werden können.

Er kritisierte im Deutschlandfunk, dass nach dem derzeitigen Ausländerrecht erst ein Beweis für eine geplante Straftat nötig sei, um eine Person abzuschieben. Aber das »dürfte dann das schon erfolgte Attentat sein, und dann ist es zu spät«. Er forderte auch »die zwingende Aufnahme der Religionszugehörigkeit im Ausländerzentralregister«. Der gewaltbereite Islamismus sei eine politische Bewegung, deren Ziel es sei, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu zerstören. »Hier muss der Staat mit ganzer Härte und Konsequenz reagieren.« So sollen Straftäter gar nicht erst nach Deutschland einreisen dürfen. Wie aber potenzielle Attentäter zu identifizieren sind, verriet Bosbach nicht. Einen Generalverdacht gegen Muslime wolle er natürlich nicht aussprechen. Hauptsache, ihre Abschiebung geht schnell.

Film ab

Kameraüberwachung. In Erklärungsnot geriet vor kurzem Thüringens Innenminister Andreas Trautvetter (CDU). Wie der Spiegel berichtete, musste er auf einer Sondersitzung des Innenausschusses im Landtag zugeben, dass auf der A 71 mit Hilfe von Kameras Autokennzeichen aufgezeichnet und ausgewertet worden waren. Während der »Testphase« eines Pilotprojekts seien aufgrund einer »Fehlfunktion« 658 Kennzeichen von Privatfahrzeugen erfasst worden. Kurz zuvor hatte der Innenminister noch behauptet, gar nichts von der Überwachungsaktion zu wissen.

Andere Politiker wie der hessische Innenminister Volker Bouffier (CDU) verheimlichen ihre Begeisterung für die elektronische Autoüberwachung längst nicht mehr. Bouffier legte bereits einen entsprechenden Gesetzentwurf für die Genehmigung von Autobahnkameras in Hessen vor. Autokennzeichen sollen dann aufgezeichnet und digitalisiert werden. Ist ein Nummernschild gefälscht oder das Fahrzeug als gestohlen gemeldet, wird die Polizei alarmiert. Weitere Bundesländer liebäugeln ebenfalls mit dem Überwachungssystem, welches in England und Italien schon länger im Einsatz ist. Rechtliche Bedenken, was das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung betrifft, gebe es nicht. Wer unschuldig ist, hat schließlich auch nichts zu verbergen.

Transzendierender Kapitalismus

Faule Beamte. Allmählich wissen alle, dass der Gürtel enger geschnallt werden muss. Vor allem diejenigen, die bereits beim letzten Loch angekommen sind, wissen, dass noch mehr gespart werden muss, denn das wird ihnen täglich erzählt.

Doch allmählich verbreitet sich die Neigung zur Selbstaufopferung auch auf der Gewinnerseite. Guido Westerwelle (FDP) forderte schon vor Monaten, Politiker sollten sich selbst um ihre Altersvorsorge kümmern. Eine junge Bundestagsabgeordnete der Grünen, Anna Lührmann (20), sagte im Oktober: »Ich hoffe, dass ich selbst niemals in den Genuss dieser Pensionen komme.« Und nun schlägt schon der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes, Peter Heesen, vor, man solle faulen Kollegen ans Leder gehen. »Wer dauerhaft selbst verschuldet schlechte Leistungen bringt, muss heruntergestuft werden«, sagte er der Berliner Zeitung vergangene Woche im Namen von 1,2 Millionen Beamten und Angestellten des Öffentlichen Dienstes.

Fehlt nur noch, dass die Arbeitgeberverbände erklären, die Unternehmensprofite seien zu hoch. Dann nämlich träte der Kapitalismus in eine neue, höhere Daseinsform ein und mit einem Systemwechsel wäre frühestens nach der nächsten Kollision der Erde mit einem dicken Meteoriten zu rechnen.

Der große Denunziator

Schwarzarbeit. Wenn Sie demnächst von nächtlichen Klopfgeräuschen aus den Träumen gerissen werden oder wenn sich in befreundeten Haushalten unbekannte Nichten oder Kusinen, die mal ein wenig mit anfassen, rasant vermehren, so rufen Sie sofort die Polizei. Möglicherweise verbergen sich SchwarzarbeiterInnen im Schutze der Dunkelheit oder im Schoße einer Familie.

Solche weit verbreiteten Formen der Wirtschaftskriminalität will Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) mit einem neuen Gesetz bekämpfen. Bis 1 500 Euro Strafe sind künftig für Schwarzarbeit im Haushalt zu zahlen. Und zur Überführung der Übeltäter ist der Staat auf Ihre Mitarbeit angewiesen. Also auf zum fröhlichen Denunzieren!