Gute Interessen

Ein Boxpromoter verlässt den Berufsverband

Der Bund Deutscher Berufsboxer ist, auch wenn sein Name sich so anhört, keine Profigewerkschaft. Der Verband, der sich BDB abkürzt, ist vielmehr das, was in anderen Ländern Boxkommission oder -behörde genannt wird, nämlich eine Institution, die das Berufsboxen in Deutschland regelt, und wenn es den BDB nicht gäbe, dann müsste der Staat diese Aufgabe erfüllen.

Von einem Staat unterscheidet sich der BDB insofern, als man recht leicht aus ihm austreten kann. Damit drohte jüngst der Boxpromoter Wilfried Sauerland, und seine Motive klingen sympathisch. Sauerland reagiert nämlich auf den früheren Vizepräsidenten des BDB, Hans Högner, der allerlei gesagt haben soll. Über einen algerischen Boxer etwa: »Der soll doch lieber arbeiten oder zurück nach Algerien.« Über den gerade rehabilitierten deutschen Meister von 1933, den die Nazis als Sinto ermordeten, Johann Wilhelm Trollmann, er werde von einer späten Ehrung »auch nicht mehr lebendig«. Über den Degussa-Streit bezüglich des Berliner Holocaust-Mahnmals, es könne sein, dass »auch Juden Zyklon-B-Gas damals hergestellt haben«. Und zu einem niederländischen Promoter soll er gesagt haben: »Alle Juden müssen raus aus Deutschland.«

Damit will nun Wilfried Sauerland nichts zu tun haben. »Meine Frau ist Israelin«, teilt er mit, »ich fühle mich persönlich betroffen.« Daher ließ Sauerland mitteilen, er wolle den BDB verlassen und künftig mit der Lizenz der österreichischen Boxbehörde seine Kampfabende veranstalten, die von der ARD übertragen werden.

Eine konsequente Entscheidung eines guten Unternehmers also, könnte man von dem Mann meinen, der einst Henry Maske groß herausbrachte. Lediglich dass er Österreich als Exilland wählte, macht vielleicht skeptisch. Vielleicht könnte die Skepsis auch daher rühren, dass Herr Högner bereits im Mai des vergangenen Jahres zurückgetreten ist. Ein weiterer Grund zur Skepsis könnte sein, dass die Information über Högners Alle-Juden-raus-Äußerung schon ein paar Jahre alt ist und dass sie ausgerechnet von Ebby Thust in die jüngste Debatte geworfen wurde, einem früheren Promoter, der größere Bekanntheit durch seinen Versuch erlangte, den Vater der Tennisspielerin Steffi Graf zu erpressen.

Gewiss, das sind alles vergleichsweise schwache Einwände gegenüber Herrn Högners Äußerungen. Aber die Begründung, warum sich Sauerland ausgerechnet gegen den BDB wendet, wird doch immer unklarer. Zumal entgegen allen Austrittsdrohungen recht bald die Meldung verbreitet wurde, dass Sauerland weiter Mitglied des BDB bleibt, er werde lediglich künftig mit einer österreichischen Lizenz seine Kämpfe veranstalten. Derzeit ist Sauerland die Nummer zwei im deutschen Promotergeschäft, lange Jahre war er die Nummer eins. Das ist nun sein Konkurrent Klaus-Peter Kohl, dessen Kampfabende im ZDF zu sehen sind. Das gibt der Auseinandersetzung die gewiss nicht falsche Marke eines Machtkampfes.

Verdienstvoll bleibt in der Affäre lediglich, dass nun offen zu Tage getreten ist, was alles über Jahre hinweg in einem Verband, der quasi staatliche Aufgaben übernimmt, erzählt wird, ohne dass es jemand hört.

Insofern gehört Sauerlands nicht ganz integre Instrumentalisierung der Affäre Högner doch in die Rubrik »gute Interessen«.

martin krauss