Ehrlicher Makler für die Hizbollah

Nahost-Diplomatie

In dieser Woche soll mit der Umsetzung eines spektakulären Deals begonnen werden. Unter Vermittlung des deutschen Geheimdienstkoordinators Ernst Uhrlau, der unmittelbar Bundeskanzler Gerhard Schröder unterstellt ist, haben sich die Regierung Israels und die vor allem im Südlibanon aktive islamistische Schiiten-Miliz Hizbollah auf einen Aufsehen erregenden Gefangenenaustausch geeinigt. Nach übereinstimmenden Berichten soll Israel sich bereit erklärt haben, im Tausch gegen vier von der Hizbollah Ende 2000 gekidnappte Israelis mehrere Hundert arabische Gefangene freizulassen. Im Einzelnen geht es dabei auf israelischer Seite um einen Geschäftsmann und die Leichen von drei Soldaten. Bei den Freizulassenden handelt sich um 23 Libanesen, fünf Syrer, drei Marokkaner, drei Sudanesen, einen Libyer sowie 400 Palästinenser, die veschiedenen Organisationen angehörten.

In Israel ist der Handel äußerst umstritten. Nicht nur dass die Hizbollah dabei schon rein quantitativ einen guten Schnitt macht, auch qualitativ erreicht die »Partei Gottes« mit dem Austausch ihre wichtigsten Verhandlungsziele. So muss Israel dem deutschen Protokoll zufolge sowohl den hochrangigen Hizbollah-Funktionär Scheich Abdel Karim Obeid als auch Mustafa Durani freilassen. Letztgenannter ist der Verantwortliche für die Gefangennahme des israelischen Piloten Ron Arad vor über 17 Jahren und seinen späteren »Verkauf« an den Iran. Zwar ist unklar, ob Arad überhaupt noch am Leben ist. Da er aber über die Jahre in Israel zu einem nationalen Symbol avancierte, haben sich bereits mehrere israelische Regierungen zumindest um die Rückführung seines Leichnams bemüht. Doch diese Bemühungen sind offenbar noch immer nicht von Erfolg gekrönt. In weiteren Verhandlungsrunden, die für die nächsten Monate erwartet werden, soll es auch um Arad gehen. Doch mit Obeid und Durani gibt Israel seine wichtigsten Faustpfänder aus der Hand.

Während Israel und – in geringerem Maße wohl auch die Hizbollah – unter dem innenpolitischen Druck handelten, »die Jungs nach Hause« zu holen, dürfte der eigentliche politische Gewinner Deutschland heißen. So konnte Ernst Uhrlau nicht nur die Freilassung des deutschen Islamisten Steven Smyrek erreichen, der 1997 bei Aktivitäten für die Hizbollah in Israel festgenommen worden war, sondern auch einen immensen diplomatischen Erfolg verbuchen. Seine Mitarbeiter seien als »ehrliche Makler beider Seiten« erfolgreich gewesen, so Uhrlau. Voraussetzung für diesen Coup aber waren die exzellenten Kontakte Berlins zur Hizbollah und deren Protegés in Damaskus und Teheran.

Einen ähnlich prestigeträchtigen Coup hoffen diverse Staaten nun durch eine erfolgreiche Vermittlung zwischen Israel und Syrien zu landen. Seitdem vor einigen Wochen der syrische Präsident Bashar al-Assad neue Friedensverhandlungen mit Israel in Aussicht stellte, haben Griechenland, Ägypten und Jordanien erfolglos versucht, sich als Vermittler ins Spiel zu bringen. Am Wochenende kündigte der türkische Premier Recep Erdogan eine Vermittlungsmission Ankaras an – angeblich im Einverständnis mit Jerusalem und Damaskus. Da allerdings die demonstrative Bereitschaft Assads zu neuen Verhandlungen mit dem »zionistischen Regime« ohnehin viel mit dem starkem Druck Washingtons auf sein Land zu tun haben dürfte – unter anderem wegen der Unterstützung terroristischer Organisationen in Israel und im Irak –, fragt man sich in Jerusalem, ob man Syriens jetzige Schwäche zu Verhandlungen nutzen oder zunächst eine weitere Schwächung abwarten sollte.

andré anchuelo