Nachrichten

Kauf Dir Hanau!

Kampagne. Haben Sie Geld? Dann kaufen Sie sich eine Plutoniumfabrik! In der vorigen Woche rief die Vereinigung Internationale Ärzte für die Verhütung eines Atomkriegs (IPPNW) die Initiative »Hanau selber kaufen« ins Leben. Um einen Verkauf der Hanauer Plutoniumfabrik nach China zu verhindern, sollen 50 Millionen und ein Euro gesammelt werden, um die Fabrik zu erwerben und danach zu verschrotten. Also ein Euro mehr als die chinesische Regierung für die Fabrik an Siemens zahlen will. An der illustren Initiative sind die üblichen Verdächtigen beteiligt: der Kabarettist Martin Buchholz, Andrea Nahles von der SPD, der Schriftsteller Erich Loest, der Musiker Konstantin Wecker, André Brie von der PDS, Hans-Christian Ströbele von den Grünen, der Schauspieler Peter Sodann.

Sollte die Aktion ein Erfolg sein, könnte sie Schule machen. Da sich der Kapitalismus nun schon seit Jahrzehnten nicht abschaffen lässt, könnte man auch ihn einfach aufkaufen. Für jeden Euro, den das Kapital in Händen hält, zahlen wir ihm zehn Euro und übernehmen den Laden. Natürlich nur, um ihn anschließend zu verschrotten.

Rätselhafte Wirtschaft

Aufschwung. Es geht abwärts, bevor es überhaupt aufwärts ging. Trotz tariflich geregelter Mehrarbeit in der Metallindustrie, trotz der ersten Wirkungen der Agenda 2010 sank der Ifo-Geschäftsklimaindex für die gewerbliche Wirtschaft im Februar wieder. Das bedeutet, dass die befragten Unternehmen ihre Geschäftserwartungen für das kommende halbe Jahr schlechter einschätzen.

Der Meister des Orakels, der Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn, prophezeite dennoch, der Aufschwung setze sich mit »achtzigprozentiger Wahrscheinlichkeit« fort. Es sei jetzt »umso wichtiger, den Investoren Vertrauen in die Fortführung der Reformen zu geben«. Für die Frankfurter Allgemeine Zeitung ist das Ergebniss der Ifo-Umfrage »als Korrektur des rätselhaften, durch realwirtschaftliche Daten nicht gedeckten Überschwangs« zu bewerten, den der Indikator noch im Januar anzeigte. Das »Verbrauchervertrauen« leide weiter an der »Unsicherheit über die Arbeitsplätze«. Vielleicht leidet es aber auch schlicht an der realistischen Einschätzung der Möglichkeiten des eigenen Geldbeutels.

Flops ohne Ende

Bundesagentur für Arbeit. Wo es keine Arbeit gibt, da könnte das Internet helfen. Das war einmal die bescheidene Idee hinter der Einrichtung einer Internetjobbörse der Bundesagentur für Arbeit. Hier sollten alle freien Stellen in Deutschland registriert werden und allen Arbeitssuchenden kostenfrei zugänglich sein. Aber wie der Job-Floater oder die Personal-Service-Agenturen erwies sich auch dieses Vorhaben als Flop. (Jungle World, 10/04)

Nicht nur, dass die Suchmaschine des Portals ungefähr so gut funktioniert wie die Erhebung der LKW-Maut, nun wachsen auch noch die Kosten für das Projekt ins Unermessliche. Satt wie geplant 65 Millionen Euro könnte es am Ende 165 Millionen Euro kosten. Zudem soll die Vergabe des Auftrags an die Unternehmensberatung Accenture nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Der Leiter der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, bestätigte in der vorigen Woche den Verdacht, dass Aufträge über etwa 15 Millionen Euro von der Projektleitung unter Umgehung der Vergabestelle an Accenture vergeben worden seien. Der Leiter des Projekts, Jürgen Koch, wurde inzwischen seines Amtes enthoben.

Aber wie sollen nun die entstehenden Verluste ausgeglichen werden? Ganz einfach. Die Bundesagentur beauftragt eine weitere Unternehmensberatung damit, ein Sanierungskonzept für das Internetportal zu erarbeiten. Zu erwartende Kosten: ein paar Millionen. Einfach mal bei Roland Berger anrufen, Herr Weise!

Alles blüht

Ostdeutschland. 13 Jahre nach der Wiedervereinigung gibt es in Ostdeutschland immer noch keine »blühenden Landschaften«. Stattdessen blüht die Unzufriedeneit mit der wirtschaftlichen Lage. Dies zeigt eine u.a. vom Sozialwissenschaftlichen Forschungszentrum Berlin-Brandenburg (SFZ) erarbeitete Studie. Dem Sozialreport 2004 zufolge sind nur noch 40 Prozent der 1 360 befragten Ostdeutschen »mit ihrem Leben alles in allem zufrieden«, 41 dagegen nur teilweise. 18 Prozent seien unzufrieden. Die rot-grünen Reformen, die Angst vor Arbeitslosigkeit und die »sich erheblich verschlechternde Bewertung der wirtschaftlichen Lage« führen offenbar zu ziemlich mieser Stimmung im Beitrittsgebiet.

61 bzw. 65 Prozent der Ostdeutschen hätten zudem kein oder wenig Vertrauen in den Bundestag und die Bundesregierung. Auch die Glaubwürdigkeit der Parteien sinke. Deshalb hätten viele Befragte erklärt, aus Protest in diesem Jahr nicht wählen zu gehen. Das lässt dann doch wieder hoffen.

Wie viele Stunden hat der Tag?

Fernsehen. Das Rätsel, warum es trotz ihrer erschreckenden Auswirkungen so wenig Proteste gegen die Agenda 2010 gibt, ist gelöst. Die Deutschen haben einfach keine Zeit zu demonstrieren, denn sie müssen fernsehen. Eine Statistik des Deutschen Instituts der Wirtschaft zeigt, dass der Tag in Sachsen-Anhalt nur 20 Stunden hat. Denn vier Stunden, 248 Minuten, sitzt der durchschnittliche Sachsen-Anhaltiner täglich vor der Glotze. In stupider Ausdauer folgt ihm der Mecklenburger, der sich 237 Minuten täglich dem Wachkoma hingibt. Der fernsehgeilste Westdeutsche ist der Bremer, der es immerhin auf 230 Minuten täglich bringt.

Am wenigsten glotzen die Bayern. Schlappe 179 Minuten sitzen sie auf der Couch. Ob’s an der bayerischen Wirtschaft liegt, die noch Arbeitsplätze bietet? Oder am Programm des Bayerischen Fernsehens?