Tee und Tantra

Ein Liebesfilm aus Korea

Inmitten eines von Bergen umgebenen Sees führen ein alter Mönch und sein junger Schüler ein asketisches Einsiedlerdasein. Schlicht leben die beiden Jahr um Jahr vor sich hin und sind damit beschäftigt, Körper und Seele zu entschlacken. Bis das fremde, unbekannte Wesen erscheint: das junge Mädchen. Es hat ein weißes Kleidchen an und räkelt sich, bewegt sich anmutig und guckt. Mehr muss es nicht tun.

Da bleibt es nicht beim Staunen und bei Blicken. Unbeholfen zeigt der Jüngling dem Mädchen sein Begehren. Dann neckt man sich gegenseitig, und flugs kommt, was kommen muss: Boogie Woogie der Hormone, Beischlaf und Verlust der Unschuld.

»Aus dem Begehren entsteht Abhängigkeit, und daraus entstehen Mordtaten«, warnt der lebenskluge Alte seinen Zögling, und da hat er irgendwie Recht. Doch der junge Heißsporn will nicht hören und verlässt das kleine Inselchen, um seinem Begehren nachzugeben, von dem er annimmt, es sei die Liebe. Und der Alte bleibt allein zurück.

Doch natürlich ist es nicht die Liebe, die den Burschen umtreibt, sondern nur der Spaß am Vergnügen, aber das weiß er nicht, denn er ist frisch entjungfert und meint, die Liebe zu seinem Mädchen währe ewig. Bis es einen anderen hat.

Sodass der Junge nach einiger Zeit enttäuscht und wütend zum Alten in dessen Einsiedelei zurückkehrt. »Was du haben willst, das wollen auch andere haben«, erklärt der Alte dem Jungen, und da hat er schon wieder Recht. Wäre der Bub bloß bei seinem Meister geblieben, hätte er noch einiges lernen können.

So werden wir belehrt über die Zeit, die vergeht, Jahreszeit um Jahreszeit, über den Menschen, der dazu verdammt ist, sein Päckchen zu tragen, und über den Schmerz, der ihn sein Leben lang begleitet.

Entkommen kann der Mensch all dem nicht, es sei denn, er entschließt sich dazu, weise zu werden. Und das geht so, wie es uns der alte Mönch den ganzen Film über vormacht: Man muss sich als Eremit in die Einöde begeben, seine Kleider gegen einen grauen Kittel eintauschen, sich in Kontemplation üben, im Einklang mit der Natur leben, Kräuter sammeln, gewaltig abgeklärt sein und gelegentlich die passende Spruchweisheit parat haben. Zugegeben, das hört sich ein bisschen nach Heidegger, Stoizismus, Buddhismus und einem Lebensweisheitsbüchlein im Westentaschenformat an.

Doch so banal alles in diesem Film Erzählte ist, so wahr ist es freilich auch. Die Liebe vergeht, und das Leben vergeht auch. Da kann man nichts machen und das sollte man auch nicht.

Überdies ist der Film fürchterlich schön anzuschauen, wie in ein Gemälde von Caspar David Friedrich sind seine Figuren in diese blitzsaubere, weitläufige Landschaftsidylle hineingestellt. Der See glitzert gewaltig und vom Ufer her rauscht sanft der Wald, sodass einem nach einer Weile selbst ganz kontemplativ zumute wird.

Gesprochen wird nur das Nötigste, was ganz erholsam ist, und wenn der Film zu Ende ist, hat man das unbestimmte Gefühl, etwas über das Wesen des menschlichen Daseins gelernt zu haben, praktisch als Zuschauer ein paar Bröckchen fernöstliche Philosophie hingeworfen bekommen zu haben. Ansonsten gilt: Kräutertee trinken.

thomas blum

»Frühling, Sommer, Herbst, Winter … und Frühling« (Korea 2003) Regie: Kim Ki-Duk.

Filmstart: 18. März