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Unbekannte Schikanen

Arbeitslosigkeit. Was die Arbeitslosen schon längst wussten, ist jetzt gerichtsamtlich: Die Hartz-Reformen sind zu kompliziert. Zu diesem Urteil, das möglicherweise überregionale Bedeutung erlangen könnte, kam das Sozialgericht Freiburg. Zwei Arbeitslosen war das Arbeitslosengeld gekürzt worden, weil sie sich angeblich zu spät erwerbslos gemeldet hatten. Gemäß dem Paragrafen 140 des dritten Sozialgesetzbuches sind Arbeitslose aber dazu verpflichtet, sich bei einer Kündigung »unverzüglich« zu melden, sogar wenn sie erst Monate später in Kraft tritt.

Das Gericht entschied jedoch zugunsten der klagenden Arbeitslosen, weil sie von ihren ehemaligen Chefs nicht auf die neue Pflicht hingewiesen wurden. Eine Pflicht, sich über Gesetzesänderungen zu informieren, gebe es schließlich bislang nicht, hieß es in der Urteilsbegründung.

Die Agentur für Arbeit hat bereits angekündigt, in die Berufung zu gehen. Schließlich hätten das Fernsehen und die Tageszeitungen ausführlich über die neuen Schikanen informiert.

Folter, mal deutsch

Knast. Folter scheint nicht nur eine Spezialität mancher Diktaturen oder der US-Truppen im Irak zu sein, nein, auch in Brandenburg lässt man sich nicht lumpen. Das Fernsehmagazin »Klartext« des Ostdeutschen Rundfunks Brandenburg berichtete in der vorigen Woche, dass in der Justizvollzugsanstalt Brandenburg an der Havel Häftlinge über Jahre hinweg gefoltert und misshandelt worden seien. So fielen Gefängniswärter offenbar mehrmals in Dreier- oder Vierergruppen und mit Sturmmasken vor den Gesichtern in die Zellen von Gefangenen ein. Dabei schlugen sie mit Schlagstöcken und Fäusten auf Häftlinge ein. Die Opfer trugen Knochenbrüche und andere schwere Verletzungen aus den Überfällen davon. Unter anderem verprügelten die Aufseher im Januar dieses Jahres einen Gefangenen, als dieser, nachdem er einen Herzinfarkt erlitten hatte, um medizinische Hilfe bat.

Bisher wurden gegen neun Wärter Disziplinarverfahren eingeleitet und fünf Schläger vom Dienst suspendiert.

Nachtragen und nachsitzen

1. Mai in Berlin. Damit große Ereignisse in die Weltgeschichte eingehen können, muss ihre herausragende Bedeutung in Zahlen und griffige Formulierungen verpackt werden. So haben in der vorigen Woche auch die verschiedenen Protagonisten der Auseinandersetzungen am 1. Mai in Berlin Bilanz gezogen. Die Polizei verkündete, dass 186 Personen vorläufig festgenommen worden seien, 57 mehr als im Vorjahr. Zusätzlich sei »48 Personen die Freiheit entzogen« worden, »um von ihnen ausgehende Gefahren abzuwehren«. Ziemlich hoch ist die Zahl der erlassenen Haftbefehle. 51 Personen waren am vorigen Freitag noch nicht von den Feierlichkeiten nach Hause zurückgekehrt. Die Zahl der verletzten Polizisten stieg nach Auskunft ihrer Pressestelle von 175 auf 192. Allgemein wurde der Einsatz von der Polizei als Erfolg bewertet.

Da die Nachbereitung in der Linken weniger auf Zahlen beruht, kam man hier vor allem wegen des erfolgreich gestörten Neonaziaufmarsches zu einer positiven Einschätzung der eigenen Aktionen. Nach Auskunft eines Sprechers des Aktionsbündnisses gegen den Naziaufmarsch habe sich gezeigt, »dass sich die Strategie bezahlt gemacht hat, eine große Demonstration durchzuführen, anstatt auf Kleingruppenkonzepte zu setzen«.

Mahlers Welt

Rechtsextremismus. Nachdem der Rechtsextremist Horst Mahler im April durch ein Urteil des Berliner Amtsgerichts seine Zulassung als Rechtsanwalt verlor, geht es ihm jetzt an den Geldbeutel. Das Hamburger Landgericht verurteilte den 68jährigen am 5. Mai zu einer Geldstrafe von 260 Tagessätzen à 30 Euro, weil er in einem Interview mit dem Fernsehmagazin »Panorama« am 20. September 2001 die Anschläge auf das World Trade Center als »rechtens« bezeichnet hatte. Es hob damit einen Freispruch des Hamburger Amtsgerichts vom Mai 2003 auf.

In dem Interview hatte Mahler gesagt: »Es war ein Erschrecken und gleichzeitig auch das Gefühl: Endlich mal! Endlich sind sie mal im Herzen getroffen.« Diese Äußerungen wertete das Gericht als geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören. Dabei kann man Mahler nicht einmal vorwerfen, er habe nichts dazugelernt. Während des Prozesses distanzierte er sich sogar von seinen damaligen Aussagen, allerdings nur, weil mittlerweile davon auszugehen sei, dass die Anschläge überhaupt nicht stattgefunden haben. Mahlers Vermutung, hinter den Anschlägen stecke der US-amerikanische Geheimdienst, überschritten für den Richter »auch die wildesten Fantasien denkender Menschen«. Mahlers Ankündigung, mit neuen Details zum 11. September 2001 in Revision gehen zu wollen, kommentierte der Richter mit der Bemerkung: »Den in Kürze zu erwartenden neuen Erkenntnissen zum 11. September sieht das Gericht gelassen entgegen.«

Alte Liebe rostet nicht

CDU und Schill. Als die Partei Rechtsstaatliche Offensive ohne ihren Kapitän und Gründer bei der jüngsten Hamburger Bürgerschaftswahl in die Bedeutungslosigkeit sank, glaubten einige Optimisten, von Mario Mettbach und Konsorten für immer verschont zu bleiben. Doch jetzt erleben drei ehemalige Schillianer ein Comeback in den Reihen ihrer früheren Koalitionspartner von der CDU.

Neben der einstigen Abgeordneten Karina Weber und dem früheren parlamentarischen Fraktionsgeschäftsführer Stephan Müller sorgt vor allem der Parteiwechsel des ehemaligen Hamburger Innensenators Dirk Nockemann für Aufsehen. Die CDU belohnt den extremen Rechten für die gute Zusammenarbeit mit dem Posten des Leiters des Einwohnerzentralamts, wo er auch für die Abschiebung von Flüchtlingen zuständig sein wird. Der CDU-Landesgeschäftsführer Christoph Ahlhaus erklärte, man habe keine Angst vor ehemaligen Anhängern Ronald Schills. Schön, wenn Menschen sich so gut verstehen!