Allein zu Haus

Ex-Diktator Ríos Montt unter Hausarrest

Die juristische Schlinge um den Hals von Rìos Montt scheint sich zuzuziehen. Seine Immunität war futsch, als der Präsidentschaftskandidat der rechtsextremen FRG im November 2003 die Wahlen in Guatemala haushoch verloren hatte und im Januar seinen Stuhl als Parlamentspräsident räumen musste. Im März untersagte ihm ein Gericht, das Land zu verlassen und verhängte Hausarrest. Allerdings in der laxesten Form. Da Ríos Montt im ganzen Land Ländereien und Villen besitzt, wurde ihm das 108 889 Quadratkilometer umfassende Staatsgebiet als »sein Haus« zuerkannt. Er konnte sich also frei in Guatemala bewegen – Hausarrest auf guatemaltekisch.

Doch am Donnerstag revidierte eine Berufungskammer diesen Beschluss und setzte Montt in seiner Hauptstadt-Villa fest, die zu verlassen ihm unter Androhung einer sofort zu vollziehenden Gefängnisstrafe verboten wurde. Für den Massenmord an über zehntausend Guatemalteken – meist Indígenas – und die Zerstörung von rund 400 Dörfern in seiner 18monatigen Amtszeit 1982/83 muss sich der Ex-Diktator nicht verantworten. Aber der Tod eines Journalisten im Juli 2003 könnte ihm nun zum Verhängnis werden. Die Staatsanwaltschaft sieht Hinweise, dass Montt einen Aufstand seiner Parteianhänger am 24. Juli 2003 angezettelt habe. Dabei organisierten FRG-Sympathisanten u.a. eine Hetzjagd auf Journalisten in den Straßen der Hauptstadt. In deren Folge erlitt der populäre Fernsehreporter Héctor Ramírez einen Herzinfarkt und starb noch auf der Straße.

Doch kann die Justiz Montt als Drahtzieher der Unruhen überführen? Drei Tage vor den Unruhen verkündete er der Presse: Sollte auch das Verfassungsgericht seine Präsidentschaftskandidatur ablehnen, »dann verliere ich womöglich die Kontrolle über die Parteibasis, und es kommt zu gewalttätigen Aktionen«. War dies bereits ein Hinweis, dass er einen Aufstand plante?

Zwar waren FRG-Abgeordnete und auch Parlamentsmitarbeiter aus der Umgebung Montts an den Unruhen beteiligt. Doch stimmt es, dass Montt alles koordinierte? Zumindest will ein Journalist die Anweisung an den Mob gehört haben: »Hört jetzt auf. Ríos Montt hat gerade am Handy gesagt, es ist jetzt genug.«

Ob es zu einer Verurteilung des 77jährigen kommen wird, ist bei dieser Beweislage völlig unklar. Seine Anwälte kämpfen nun für die Aufhebung des Hausarrests. Doch sind seit dem Machtwechsel im Januar etliche seiner Weggefährten unter Korruptionsverdacht hinter Gittern gelandet, so etwa der vormalige Finanzminister. Und der bis Januar amtierende Staatspräsident und Ziehsohn Montts, Alfonso Portillo, flüchtete über Umwege nach Mexiko. Es wird einsam um den Ex-Diktator.

Diese Situation nährt Putschgerüchte. Gegen einen Putsch spricht zwar, dass die USA und die EU hinter der Regierung stehen und zuvor zurückgehaltenes Geld an Guatemala auszahlen wollen. Doch die gesellschaftlichen Spannungen wachsen. In den ersten 100 Tagen der neuen konservativen Regierung erhöhten sich die Preise für Grundnahrungsmittel, für viele verdoppelte sich der Strompreis, und das Militär ist sich nicht sicher, ob es die von Präsident Oscar Berger angekündigte Verkleinerung um fast 50 Prozent bis Juni hinnehmen soll. Ebenfalls für Juni haben die rechten Paramilitärs wie auch die linke Landlosenbewegung zu Großdemonstrationen und Straßenblockaden aufgerufen. Die Busfahrer wollen streiken, Studenten kündigten an, wegen der Fahrpreiserhöhung Busse in Brand zu setzen. Übersteht Präsident Berger den Juni und Juli, dürfte er auch seine Amtszeit von vier Jahren überstehen. Und die Justiz kann ab August mit Ríos Montt verfahren, wie sie es für richtig hält.

marco schopferer, guatemala-stadt