Doch kein Dom

Bau der Topographie des Terrors wird neu ausgeschrieben

»Auch der Bau des Kölner Doms hat 500 Jahre gedauert.« Die gute Laune lässt man sich in der Berliner Bauverwaltung so leicht nicht vermiesen. Das legt zumindest diese Bemerkung nahe, die Christiane Hoss, Geschäftsführerin des Vereins Aktives Museum, vor Monaten als Antwort auf ihre Anfrage erhielt, wann endlich mit einem Weiterbau auf dem Gelände der Topographie des Terrors in Kreuzberg zu rechnen sei. Seit Anfang voriger Woche ist zumindest eines klar: Ein Dom entsteht dort nicht. Das sakrale Stabwerk des schweizerischen Stararchitekten Peter Zumthor – von Bewunderern als ambitioniert gefeiert, von Kritikern wegen seiner überladenen Symbolik und dem fehlenden Umsetzungskonzept gescholten – wird nicht fertig gestellt.

Bereits vier Jahre lang wird nicht weitergebaut, weil die Kosten immer unkalkulierbarer wurden. Entstanden sind seit dem Zuschlag für Zumthor vor elf Jahren ein Betonturm, eine Stahltreppe und eine Tür, die ins Nichts führt. Blickfang ist jedoch ein überdimensionierter Sandhügel, den BesucherInnen gelegentlich für überwucherte Ruinen halten. Als Reaktion auf diese unhaltbare Situation trat im März der Wissenschaftliche Direktor der Stiftung Topographie des Terrors, Reinhard Rürup, von seinem Amt zurück. Die Entscheidung gegen den Weiterbau und für eine Neuausschreibung nannte Andreas Nachama, geschäftsführender Direktor der Stiftung, deshalb einen »Silberstreif am Horizont«. Ein »Ende mit Schrecken« sei einem »Schrecken ohne Ende« in jedem Fall vorzuziehen.

Geliebt hat man im Kreis der zukünftigen Nutzer Zumthors Entwurf ohnehin nie. »Er hat als einziger gegen die Auflagen der Ausschreibung verstoßen. Aber der Berliner Bausenat wollte ein weiteres Prestigeobjekt und hat sich von der Selbstverliebtheit des Architekten beeindrucken lassen«, erklärt Christiane Hoss der Jungle World. Auch Thomas Friedrich vom Museumspädagogischen Dienst, der unter anderen im Jahr 1987 am ersten Ausstellungsprojekt der Topographie beteiligt war, erhofft sich für die Zukunft eine Abkehr von der Gigantomanie: »Im Vordergrund sollte der angestrebte Nutzen des Gebäudes stehen.«

Zu ähnlichen Schlüssen kam man auch bei einer Diskussionsrunde, zu der die Berliner Grünen am Donnerstagabend in den Roten Salon der Volksbühne eingeladen hatten. Weniger Symbolik, mehr Funktionalität und eine angemessene Mitsprache für die Stiftung forderten einhellig alle TeilnehmerInnen. »Es geht um Geschichte, nicht um Architektur«, formulierte stellvertretend Andreas Nachama.

Genau die hat in der Berliner Lokalposse jedoch bislang nur am Rande eine Rolle gespielt. Als »Ort der Täter« hatte die Topographie nie eine besonders starke Lobby. Die Interessen der zukünftigen Nutzer mussten deshalb hinter einer größenwahnsinnigen Stadtplanung zwischen Martin-Gropius-Bau und Abgeordnetenhaus zurückstehen. Ob die beschlossene Übernahme der Bauherrschaft durch den Bund nun den neuen Neubau zügig voran bringt, ist fraglich. Geplant ist, in zwei Jahren mit den Bauarbeiten zu beginnen. Weitere zwei Jahre später soll das Gebäude eingeweiht werden. Mit 15 Jahren läge man dann immerhin noch deutlich hinter der Bauzeit des Kölner Doms zurück.

steffen küßner