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Ehrenhafte »Säuberung«

Saudi-Arabien. Am Samstagmorgen hat ein bewaffnetes Kommando nahe der Stadt al-Khobar ein Gebäude einer Ölfirma überfallen und mindestens vier Personen getötet, darunter einen Filipino einen Pakistani und ein ägyptisches Kind. Kurz darauf feuerte das Kommando auf einen Bus, der Personen aus dem Westen transportierte. Es gab mindestens vier Tote nach Zeugenaussagen. Anschließend attackierten die Bewaffneten ein »Ölzentrum« in al-Khobar und nahmen in dem Wohnkomplex »Oasis« etwa 50 Geiseln. In einem Kommuniqué reklamierte am Samstag eine »al-Qaida-Organisation des Arabischen Golfs« die Attacken für sich. Mit der Hilfe Gottes hätten die »Helden des Jerusalem-Kommandos« amerikanische Firmen gestürmt, die im Ölgeschäft tätig sind und Ressourcen der Muslime stehlen. »Diese Helden sind ein ehrenhaftes Beispiel für islamische Jugendliche vom Arabischen Golf.« Am Sonntagmorgen stürmten saudische Spezialkommandos den Komplex. Nach Augenzeugenberichten wurden mindestens neun Tote aus dem Gebäude gebracht. AFP zufolge hat die al-Qaida am Sonntag auf einer islamistischen Webpage in einer Erklärung zu den Attacken in al-Khobar ihre Entschlossenheit bekräftigt, »die arabische Halbinsel von Ungläubigen zu säubern«.

Wie bereits die kürzlich erfolgten Anschläge in Yanbu zielen auch die neuen Angriffe auf das ökonomische Zentrum der saudischen Öldynastie. Die Ölindustrie hängt großteils von ausländischen Arbeitskräften ab, insgesamt schätzungsweise 5,5 Millionen in dem Königreich.

Strategische Allianz und Scherben

Mexiko. Eingeschlagene Scheiben, geschlossene Läden, abgesperrte Innenstadt. Für die Geschäftswelt im westmexikanischen Guadalajara endete der »3. Gipfel der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, Lateinamerikas und der Karibik« in einem Desaster. Das Zentrum der Sechs-Millionen-Metropole war in der vergangenen Woche mehrere Tage lang nur noch für Politiker, Journalisten und Anwohner zugänglich. Aus Sicherheitsgründen, wie es hieß. Dennoch konnte das große Polizeiaufgebot nicht verhindern, dass es am Freitag zu Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und etwa 500 Demonstranten und Demonstrantinnen kam. Zahlreiche Scheiben von Banken und Geschäften wurden eingeschlagen, ein Supermarkt wurde geplündert. Zuvor hatten etwa 5 000 Gewerkschafter, Anarchisten und Mitglieder linker Parteien gegen den Gipfel und die Freihandelspolitik demonstriert.

Die aus 58 Ländern angereisten Staatsoberhäupter, Minister und hohen Beamten einigten sich indes auf ein über 100 Punkte umfassendes Programm, das die »strategische Allianz« der beiden Blöcke konsolidieren soll. Bis Oktober soll der Freihandelsvertrag zwischen der EU und dem Mercosur, dem »Gemeinsamen Markt des Südens« von Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay, unter Dach und Fach sein. Eine Verurteilung der Folter, in der die Misshandlungen irakischer Gefangener durch US-Soldaten erwähnt werden, scheiterte am Veto der Europäer. Bundeskanzler Gerhard Schröder betonte erneut den Willen Deutschlands, einen Sitz im UN-Sicherheitsrat zu bekommen. »Ich habe hier niemanden getroffen, der sich dagegen ausgesprochen hat«, erklärte Schröder auf einer Pressekonferenz in Guadalajara.

Zwei Armeen, eine Regierung

Sudan. Die Unterzeichnung des Vertrages verzögerte sich um einige Stunden, weil bis zuletzt um die Verteilung von Macht und Pfründen gerungen wurde. Doch auf dem Papier sind seit Mittwoch der vergangenen Woche alle Hindernisse für einen Friedensschluss zwischen der sudanesischen Regierung und der Guerillaarmee SPLA beseitigt. Dass die Vertreter der beiden Fraktionen sich weigerten, für ein gemeinsames Foto zu posieren, war allerdings ein deutliches Symbol für das bleibende Misstrauen. Die Kontrahenten behalten ihre Armeen, regieren wollen sie gemeinsam. Für das islamistische Militärregime in Khartoum, aber auch für die vom zukünftigen Vizepräsidenten John Garang autoritär geführte SPLA wäre die Teilung der Macht eine ganz neue Erfahrung.

Die Kämpfe in der westsudanesischen Provinz Darfur dauerten ungeachtet eines im April vereinbarten Waffenstillstands an, bei Angriffen regierungsnaher arabischer Milizen wurden mehr als 40 Menschen getötet. Abhilfe sollen nun Beobachter der Afrikanischen Union schaffen, auf deren Entsendung sich Regierung und Rebellenorganisationen am Freitag einigten. Die vorerst sechs Beobachter dürften jedoch kaum in der Lage sein, das mehr als 300 000 Quadratkilometer große Konfliktgebiet zu überwachen.

Barrikaden in Beirut

Libanon. Die Zufahrten zu den Armenvierteln Beiruts wurden mit brennenden Barrikaden blockiert, in Baalbek und anderen Städten im Bekaa-Tal standen Straßensperren, als am vergangenen Freitag die Begräbnisfeiern für fünf am Tag zuvor von der Armee erschossene Demonstranten stattfanden. Diesmal hielten sich die Soldaten in respektvoller Entfernung, die Proteste endeten friedlich. Der Gewerkschaftsverband CGTL hatte zu Protesten gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung aufgerufen und eine Senkung des Benzinpreises gefordert. Behördenangaben zufolge griffen Demonstranten die Soldaten mit Steinen an. Nach den tödlichen Schüssen wurde das Arbeitsministerium in Brand gesetzt, ein Beamter starb unter ungeklärten Umständen.

»Was gestern geschehen ist, rechtfertigt nicht die Erschießung von Zivilisten«, erklärte Abdel Amir Najda, Präsident der Taxifahrergewerkschaft. »Es scheint, dass einige Leute von der allgemeinen Zustimmung zu unseren Forderungen verängstigt waren und sie sabotieren wollten.« Die Gewerkschaften fordern eine unabhängige Untersuchung. Wenn die Regierung den Benzinpreis nicht senkt, soll Ende Juni ein Generalstreik stattfinden.