Vive Chirac!
Vive Schröder!

Proteste gegen Bush von danièle weber

George W. Bush ist immer eine Demo wert. Kaum wurde die Nachricht bekannt, dass der US-Präsident am 6. Juni den Gedenkfeiern der Landung in der Normandie beiwohnen wird, riefen Linke in Frankreich dazu auf, »ihm einen gebührenden Empfang« zu bereiten. Ein Mann wie Bush sei nicht würdig, die Befreier von einst zu repräsentieren. Dem landesweit geplanten Aktionstag gegen den Sozialabbau wurde kurzerhand ein weiteres Element hinzugefügt: eine Demonstration gegen Bush in Paris. Linke Parteien, darunter die Ligue Communiste Révolutionnaire (LCR) und der Parti Communiste (PC) sowie der Zusammenschluss »Agir contre la guerre (AGC)« rufen dazu auf, am 5. Juni durch Paris zu marschieren.

Wogegen demonstriert wird, ist wie meist auf solchen Demonstrationen, nicht ganz klar. So schaffte man es gerade noch, dem 60. Jahrestag des D-Day eine gewisse historische Bedeutung beizumessen, und versuchte deshalb, eine allzu direkte Verbindung zu dem Ereignis zu vermeiden. Der Protest ziele vielmehr auf das Treffen von Wladimir Putin, Jacques Chirac und Bush in Paris ab, betonen die Initiatoren. Man habe deshalb bewusst den Termin nicht auf den 6. Juni gelegt.

Dennoch fehlt der Hinweis auf diesen für die Befreiung vom deutschen Naziterror entscheidenden Tag in keinem Demonstrationsaufruf. »1944 – Roosevelt – Befreier. 2004 – Bush – Besatzer«, überschreibt die Organisation »A corps et à cris« ihr Flugblatt. »Wir protestieren dagegen, dass Bush am 6. Juni zu den Gedenkfeiern in die Normandie kommt.«

Die Antikriegsbewegung AGC spart auch nicht mit Vergleichen zum D-Day. »Bush, der größte Terrorist, landet in Paris!« empört sie sich. Einige Monate vor den Wahlen suche Bush nach einer neuen Legitimation für seine mörderische Politik. Und wer, wenn nicht der Kriegsgegner Chirac, eigne sich da besser, ihm diese zu liefern? Indem er Bush eingeladen habe, beweise Chirac jedoch, dass er nicht »auf unserer Seite ist«.

Chirac auf unserer Seite? Das Pamphlet der französischen Grünen gegen Bush kann mit ähnlich aufschlussreichen Erkenntnissen dienen. »Wir kämpfen für den Rückzug der Besatzungstruppen im Irak und für die Wiederherstellung der Souveränität des irakischen Volkes«, heißt es da. So souverän wie in den good old days unter Saddam Hussein?

Zu allem Überfluss werden die Befreier, die am D-Day in der Normandie landeten, persönlich herangezogen. »Wir werden es nicht zulassen, dass ihr Andenken dazu benutzt wird, imperiale Logik zu legitimieren«, lautet die Kampfansage. Dass linke Gegner Bushs genau dasselbe tun und den D-Day nun für ihre Zwecke instrumentalisieren, fällt niemandem auf.

»Bush kann zu Hause politisch machen, was er will. Hier vertritt er die, die gekämpft haben, die Europa befreit haben«, sagt der französische Veteran Léon Gautier. Einige seiner britischen Kollegen haben ihren Unmut angesichts der ersten Beteiligung eines deutschen Bundeskanzlers an den D-Day-Feierlichkeiten kundgetan. Doch spätestens seit dem Irakkrieg gehören Gerhard Schröder ebenso wie Chirac für linke Kriegsgegner vorübergehend zu den Guten.

Dass beide Staatsmänner die Auftritte zum D-Day für ihre eigenen politischen Interessen zu nutzen wissen, scheint im Vergleich zu Bushs Erscheinen keinen Protest wert. Old Europe lässt grüßen. Am Gedenktag wird George W. Bush das von Chirac, Schröder und ihrer demonstrierenden Vorhut zu spüren bekommen.