Alles wird besser, weil …

… der Ungehorsam nun endlich gewürdigt worden ist. Ohne den Ungehorsam könnten Sie, liebe Leserinnen und Leser, diese Kolumne gar nicht lesen. Denn der Ungehorsam hat die Welt gerettet.

Das Ambiente, in dem die Rettung der Welt stattfand, ist aus Film und Fernsehen wohl bekannt. Im abgedunkelten Kontrollraum einer Raketenbasis starren die Offiziere auf ihre Computermonitore. Plötzlich leuchten Warnsignale, eine Sirene heult. Unruhe kommt auf. Der Computer meldet fünf anfliegende Atomraketen. Die Daten werden überprüft, der Computer bestätigt sie. Noch 15 Minuten bis zum Einschlag. Der rote Knopf mit der Aufschrift »Start« blinkt. Es ist höchste Zeit, den nuklearen Gegenschlag einzuleiten.

Doch statt der Dienstvorschrift zu folgen, tut der sowjetische Oberst Stanislaw Petrow an jenem 26. September 1983 etwas für Offiziere nicht Selbstverständliches: Er denkt nach. Würde sich US-Präsident Ronald Reagan bei einem Angriff auf die Sowjetunion mit fünf Raketen begnügen und die restlichen 20 000 Sprengköpfe seines Arsenals dem nuklearen Gegenschlag preisgeben? Wohl kaum, schlussfolgert der Oberst. Eigenmächtig meldet er weiter, es handele sich um einen Fehlalarm.

Da keine Raketen einschlagen, sehen das sogar seine Vorgesetzten ein. Aber Ungehorsam wird bei der Armee auch dann nicht belohnt, wenn er die Welt rettet. Schon gar nicht, wenn dadurch höhere Offiziere wegen einiger unbedeutender Fehler im Frühwarnsystem in Misskredit geraten. Petrow wurde einige Monate später pensioniert. Erst jetzt erhielt er als »vergessener Held« eine Auszeichnung der Association of World Citizens.

jörn schulz