Deutschland ist längst untergegangen. Wussten Sie nicht? Sie müssen nur Jörg Friedrich lesen. Im Gespräch mit Hannes Stein von der Welt weiß der Autor des Bestsellers »Der Brand« über den alliierten Bombenkrieg zu berichten, »dass die Umstände des Untergangs Deutschlands stets mit dem Namen der Befreiung und nichts anderem verbunden werden«. Und damit, so der Brandbombenexperte am letzten Mittwoch, sei er »einverstanden«, fragt allerdings rhetorisch: »Wie wäre es, die Haltung der Iraker zu ihren und unseren Befreiern an genau demselben schönen Maßstab zu messen?« Denn in den Irakern steckt noch Mumm, die gehen gegen ihre »Befreiung«, die ja ein »Untergang« ist, vor.
Die Deutschen jedoch konnten das 1945 nicht mehr – man habe den »ganzen Mittelbau des NS-Regimes, die HJ-Führer, Polizeioffiziere, leitenden Beamten usw. in Vorbeugehaft gesperrt. Es stellte sich erst im Nachhinein heraus, dass die Deutschen durch rechtlich bisher ebenfalls nicht vorgesehene Kriegsmaßnahmen (Massenvertreibung, Massenvergewaltigung und Massentötung durch Fliegerbomben) zu marode waren, um sich nun noch in Untergrundaktionen zu stürzen.« Da komme niemand mit Coventry, Leningrad oder den Stalags, die Alliierten, besonders die Amerikaner, hatten sich gefälligst an die Konventionen zu halten, aber, das zeigt der Irakkrieg dem Friedrich, das tun sie eben nie. »Keine Befreiung ohne Repression; die lockert sich entweder, wenn Sicherheit einkehrt, wie bei uns spätestens 1949, oder falls sich Rechtsskrupel melden. Darin sind die Amerikaner doch unerreicht!«
Daher muss man Adenauer zustimmen, der die Internierungen »als Nazimethodik angeprangert« habe, doch man darf das leider nicht, denn »dafür würde er heute aus der CDU ausgeschlossen«. Angesichts der »rabiaten Unterwerfungspraxis« sei Donald Rumsfeld, »verglichen mit Lucius D. Clay, unserem Befreier«, ein »scheuer Chorknabe«. Der andere folternde Staat, der Jörg Friedrich en passant einfällt, ist Israel. Sonst fällt ihm nichts ein. Wenn die Deutschen schon nicht Weltherrscher geworden sind, müssen sie zumindest die größten Opfer sein. Verbrecher sind ja eh immer die anderen.
jörg sundermeier
