Schwänze in Gefahr

Wer die Sammelbildchen zu »Battyman and Ronny« haben möchte, muss Kondome kaufen. von oliver numrich

Pussy dentata« ist – frei nach Freud – die fleischgewordene männliche Urangst und Antiheldin in den Comics von Ursula Dietz (Bilder) und Tom Keller (Text): Allein und ungeliebt stöckelt sie durch die Berliner Subkultur und hat es dabei auf die primären Geschlechtsorgane von Schwulen abgesehen. Nur Superheld Battyman und sein Gehilfe, Ostschwuppe Ronny, können sie stoppen.

Die Pornocomics, in denen es um Punkerschwänze, frustrierte Mösen und genervte Transen geht, sind aufgemacht wie Panini-Sammelhefte. Jeweils zwei Bildchen stecken in einem Safer-Sex-Set, bestehend aus Kondom und Gleitgel. Und das ist die Idee dahinter: Comicfreunde müssen Kondome kaufen, um das Sammelheft nach und nach zu füllen. Das ganze ist Teil einer Safer-Sex-Kampagne des vom Senat geförderten Projekts »ManCheck«, die sich explizit an linksalternative Schwule richtet.

Denn in der Szene ist Safer Sex out. »Bareback«, amerikanischer Ausdruck für das Reiten ohne Sattel, heißt das verkaufsfördernde Stichwort auf immer mehr schwulen Porno-DVDs und meint Ficken ohne Gummi. Dabei hat das Robert-Koch-Institut gerade bei Männern mit gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten eine starke Zunahme an HIV-Erstdiagnosen in Deutschland festgestellt.

Die klassische Präventionsarbeit erreiche viele Leute nicht mehr, meinen auch die Künstlerin Ursula Dietz und der Theatermann Tom Keller. Die Idee für die Stickeralben kam den beiden am Tresen des »Black Girls Coalition« in Friedrichshain, als sie sich über die Hochglanz-Faltblätter von »ManCheck« lustig machten. »Das Layout der Flyer war total platt und kommerziell, wie Werbung von einem Fitness-Club«, sagt Dietz. Ehrenamtliche Männerchecker verteilten damals kostenlose Kondome und als Beigabe farbig leuchtende Glowsticks. »In der alternativen Sub findet man das peinlich«, meint Keller.

Ursula Dietz tourt sonst mit Ausstellungen wie »Fuck Barbie« durch Clubs, baut Panzer aus Pappmaché für Straßentheater oder backt Fan-Spekulatius für Klaus Beyer. Derzeit huldigt sie mit dem »Gesangsamt Friedrichshain« dem Karaoke-Kult. Und weil sie immer schon Homo-Pornos zeichnen wollte, kam sie auf die Idee mit den Sammelheften. Gemeinsam mit Keller überzeugte sie Alex Buschky von ManCheck, die Hefte mit den kruden Storys herzustellen, den Safer-Sex-Sets die Aufkleber beizulegen und in Szenelokalen wie Möbel Olfe, Sonntagsclub oder dem SO36 zu verteilen. Tom Keller macht seit zwei Jahren in Berlin Theater, zuletzt mit der Gruppe »Crash the box«.

»Battyman and Ronny« persifliert die schwulen Stereotype durch die Überhöhung zu Superhelden. Der Comic spielt in der autonomen Schwulenszene, an die er sich auch wendet und die ManCheck ansonsten nicht erreicht. Mit den Sammelstickern soll der Anreiz geschaffen werden, regelmäßig den Kondomvorrat aufzufüllen. »In den meisten Läden geht es doch darum, jemanden kennen zu lernen oder einen One-night-stand zu haben«, sagt Keller. Deshalb sei es eben praktisch, wenn es in den Szenelokalen auch billige Kondome zu kaufen gibt.

Sammelheft Nr. 5 erscheint am 21. August zum lesbisch-schwulen Parkfest im Volkspark Friedrichshain. Angeblich wird »Pussy dentata« in dieser Ausgabe, die auch auf dem Parkfest spielt, mittels Grillwürstchen gezähmt und von ihrer Schwanzaversion befreit. Bis dahin wird schwulen Männern dringend ein Suspensorium empfohlen.

»Battyman and Ronny« gibt es bei: ManCheck, Rattenbar, Möbel Olfe, Black Girls Coalition, Open Space, Bader-Deinhoffs, Café Morgenrot, Sonntagsclub. Mehr Infos zum Comic und eine Anleitung zum Selbermachen von Gleitgel unter www.etuxx.de