Sie beraten die Sozialdemokraten

Die Unternehmensberatung McKinsey feierte in Berlin ihren 40. Geburtstag. Linke Gruppen protestierten gegen die Beteiligung des Unternehmens am Sozialabbau. von jesko bender

Gleich 16 Gebäude in der Berliner Innenstadt waren zum Firmenjubiläum von McKinsey am vergangenen Freitag angemietet, unter anderem der Berliner Dom, die Alte Nationalgalerie, die Russische Botschaft, die Staatsoper und der Palast der Republik. Knapp 4 500 aufgedonnerte MitarbeiterInnen und KundInnen des Unternehmens flanierten durch Berlin-Mitte und waren sichtlich angetan von den gebotenen kulinarischen und kulturellen Genüssen.

Doch die Unternehmensberatung hat es nicht leicht. Seit 1964 arbeitet McKinsey in Deutschland und wurde seitdem immer mehr zum Inbegriff des Jobkillers, des neoliberalen Sanierers und der so genannten Amerikanisierung Deutschlands. Kritiker wie das Berliner Aktionsnetzwerk Act! werfen dem Unternehmen vor, »Meister des Sozialabbaus« und mitverantwortlich für den »weltweiten Neoliberalismus« zu sein. Das Bündnis hatte angekündigt, die Feier »für die Elite der Deregulierer und globalen Armutsproduzenten dicht zu machen«, was aber die 200 DemonstrantInnen nicht leisten konnten. Knapp 500 PolizistInnen und 400 private Sicherheitkräfte sicherten das Fest.

Der Politikprofessor Peter Grottian, der sich mit der Initiative Berliner Sozialforum unter den Demonstrierenden tummelte, sagte, die Firma sei »in vieler Hinsicht Inspirator und Oberberater« für die Hartz-Gesetze gewesen. McKinsey sei ein Symbol der »Verquickung von Beratungsindustrie und Sozialabbau«, meinte er. Besonders störte ihn an den Feierlichkeiten der Charakter der »Selbstbeweihräucherung«. Angesichts des Sozialabbaus und den Folgen von Hartz IV sei die pompöse Feier »ohne jedes Gespür für die momentane Situation«.

Der Unternehmenssprecher von McKinsey, Rolf Antrecht, sieht das anders. »Mit unserem Fest hatten diese Proteste der Hartz-IV-Gegner nichts zu tun«, zitiert ihn die Berliner Morgenpost. Er äußerte demnach »Verständnis für die Kritik und die Anliegen« der DemonstrantInnen.

Dass Berlin für die Feiern ausgewählt wurde, obwohl die Firmenzentrale in Düsseldorf ist, habe überhaupt nichts zu bedeuten, »egal, wer da etwas anderes drin sehen mag«. Man feiere dort, »weil die meisten unserer Berater Berlin gut finden«, sagte Antrecht. Die Zahl dieser MitarbeiterInnen könnte sich am Freitag jedoch dezimiert haben. Einigen der Feiernden wurde sichtbar mulmig zu Mute, als ihnen Schilder wie »Fresst den Staub der Straße« entgegengehalten wurden. »Wir wollten doch bloß ein Fest feiern«, sagte ein Mitarbeiter aus München der Welt. Eine andere Mitarbeiterin meinte, sie fühle sich »schlecht behandelt, obwohl ich Berlin doch eigentlich so gerne mag«.

James Oscar McKinsey hatte das Unternehmen 1926 in Chicago gegründet, um Unternehmen zu helfen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, wie es auf der Website des Unternehmens heißt. Heute gehören nach Angaben der Firma die meisten der 100 größten Industrieunternehmen zur Kundschaft. Inzwischen lassen sich auch öffentliche Einrichtungen von McKinsey beraten. So kamen zum Beispiel das neue Konzept der Bundesagentur für Arbeit und die Hartz-Reform mit der Hilfe von McKinsey zustande.

Dass die Kritik an McKinsey allerdings schnell reaktionär werden kann, sieht man am Dramatiker Rolf Hochhuth. Er widmete den Beratern ein ganzes Theaterstück, das vor regressivem Antikapitalismus nur so strotzt. »McKinsey kommt«, das in diesem Frühjahr uraufgeführt wurde, schließt mit der Verbrennung einer Europafahne, begleitet von den Worten: »Wir Europäer haben aus Phantasielosigkeit und Unterwürfigkeit gegenüber unseren Herren: den USA – ihr Sternenbanner kopiert. Weil wir jetzt in Europa ebenso den Profit zu unserem einzigen Gott machen.« McKinsey zeigte sich davon allerdings unbeeindruckt und lud MitarbeiterInnen des Unternehmens zu einer Aufführung ein.