Land in Sicht

Im beginnenden Wahlkampf Zimbabwes will die Regierung erneut die Landfrage politisieren. Die Oppositionspartei MDC befürchtet Manipulationen und droht mit Boykott. von michael cramer

Die Weißen haben uns das Land weggenommen, jetzt holen wir uns es halt wieder. So wie sie uns behandelt haben, behandeln wir sie jetzt. Das ist doch nur gerecht.« Die Managerin eines großen Hotels in Nyanga in den Eastern Highlands, die diese Meinung äußert, unterstützt Robert Mugabe. Doch Zustimmung zur Politik des Präsidenten ist selten zu hören.

Fast vier Jahre nach den letzten Parlamentswahlen, die von der regierenden Zanu/PF nach Angaben internationaler Beobachter nur durch Wahlbetrug gewonnen wurden, ist das Land in einer ökonomisch und politisch schwierigen Situation. Anfang des kommenden Jahres soll wieder gewählt werden, und die Regierung, die auch in Afrika zunehmend isoliert ist, will nun erneut durch Maßnahmen in der Landfrage Unterstützung gewinnen.

Die Enteignungen der überwiegend weißen Großgrundbesitzer begannen Anfang 2000 während des Wahlkampfes. In der vergangenen Woche stellte die regierungsnahe Tageszeitung The Herald eine »fortschrittliche Wende« fest. Die Regierung will 160 Farmen nun nicht mehr für die Landwirtschaft, sondern für den Häuserbau nutzen. Jene Stadtbewohner, die bisher geglaubt hätten, die Landreform sei »irrelevant für ihre Bedürfnisse«, hätten nun »Grund zu lächeln«.

In der Provinz Mashonaland North wurden in den letzten Wochen wieder so genannte Commercial Farmers enteignet, sechs waren es diesmal. Binnen 48 Stunden hatten sie ihre Farmen an den Staat zu übergeben, obwohl ihnen von der Regierung während der ersten Phase der Farmenteignungen ausdrücklich gestattet wurde, ihre Tabakfarmen, die hauptsächlich für den Export produzierten, zu behalten. Auch höchstrichterliche Entscheidungen, die die Ungesetzlichkeit dieser Maßnahmen feststellten, wurden vom zuständigen Gouverneur mit Billigung des verantwortlichen Ministers ignoriert.

Die Rechtsunsicherheit ist nur einer der Kritikpunkte an Mugabes Landpolitik. Nicht selten profitieren Mitglieder und Günstlinge des Regimes von den Enteignungen. So hat sich Informationsminister Jonathan Moyo nach Angaben der Wochenzeitung Zimbabwe Independent die lukrative Patterson Farm angeeignet, obwohl sie als eigentlich unverkäufliches Staatsland ausgewiesen ist.

Zudem ist es der Regierung nicht gelungen, eine effektive Bewirtschaftung der enteigneten Farmen zu organisieren. Fährt man durch das Land, sind nur noch wenige größere Farmen zu sehen. Es wurde unter neuen Siedlern aufgeteilt, die um ihre schnell gebauten Hütten herum kleine Parzellen zur Selbstversorgung bewirtschaften. Zum Teil liegen die Felder aber auch brach, weil die neuen Besitzer, häufig Anhänger Mugabes, die so für ihre Dienste belohnt wurden, kein Interesse an der Bewirtschaftung haben oder den Bauern das entsprechende Know-How und Startkapital fehlen.

Im vergangenen Jahr waren nach Angaben des World Food Programme zeitweise sieben Millionen Zimbabwer von Nahrungsmittelhilfe abhängig. Zwar behauptet die Regierung derzeit noch, dass Zimbabwe in diesem Jahr ausreichend Nahrungsmittel produzieren werde, um sich selbst zu versorgen, doch nach Aussagen einheimischer Fachleute wird sich das in den nächsten Monaten als Fiktion erweisen. Schon wird darüber spekuliert, dass die Wahlen auf Ende dieses Jahres vorverlegt werden könnten, in eine Zeit also, zu der die sich abzeichnende Nahrungsmittelkrise noch nicht zu spüren sein wird.

Ein Regierungswechsel ist jedoch unwahrscheinlich, denn wie bei den vorigen Wahlen muss mit Einschüchterungen, Gewalttaten und der willkürlichen Schließung von Wahllokalen durch Schlägertrupps der regierenden Zanu/PF gerechnet werden. Das oppositionelle Movement for Democratic Change (MDC), einer Koalition zahlreicher Organisationen von den Gewerkschaften bis zu Vertretern der weißen Großfarmer, trauen viele Wähler nach mehreren gescheiterten Kampagnen nicht mehr zu, die Macht übernehmen zu können.

Die Regierung beschuldigt das MDC, eine Marionette der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien und eine Vertretung der weißen Großgrundbesitzer zu sein. In einer Parlamentsdebatte im Mai wurde Roy Bennett, ein weißer Abgeordneter des MDC für den ländlichen Distrikt Chimanimani, von Justizminister Patrick Chinamasa als Nachfahre von Mördern und Dieben beschimpft, was zu Handgreiflichkeiten führte. Einige Wochen später wurde das Büro des MDC in Chimanimani, das Bennett gehört, von Anhängern Mugabes besetzt. Bei dem Versuch, das Gebäude wieder in Besitz zu nehmen, wurde Bennett – ausgestattet mit einem richterlichen Beschluss – von den Besetzern unter den Augen der Polizei fast zu Tode geprügelt.

In den vergangenen Wochen hat Mugabe zudem Jugendliche, die in von der Regierung kontrollierten Youth Camps ausgebildet werden, dazu aufgerufen, alles Erdenkliche zu tun, damit die Wahlen gewonnen werden. Im Hinblick auf die Erfahrungen der vergangenen Jahre werten Oppositionelle das als Drohung, zumal die staatstreuen Medien dem MDC immer wieder vorwerfen, die Regierung ablösen zu wollen. Dass Wahlen diese Möglichkeit bieten sollten, akzeptieren die Anhänger Mugabes offenbar nicht. Ende August beschloss das MDC, die Wahlen zu boykottieren, sollte die Regierung nicht die Richtlinien der SADC (Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika) für freie Wahlen übernehmen.

Der Rückzug der wichtigsten Oppositionspartei würde es Mugabe leicht machen. Doch selbst wenn das MDC sich doch noch für eine Teilnahme entscheidet, würde nach Aussage eines europäischen Diplomaten ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung den Wahlen wahrscheinlich fernbleiben, was die Chancen der Regierung auf einen Sieg weiter erhöht. Mugabe kann zudem darauf hoffen, dass die Entspannung der wirtschaftlichen Lage ihm nutzt. Die Inflation ist auf etwa 400 Prozent gesunken, und nachdem in den letzten Jahren zum Teil kein Brot oder Benzin erhältlich waren, gibt es in den Läden momentan wieder alles zu kaufen. Durch das neu aufgelegte Homelink-Programm der Zentralbank wird es Zimbabwern im Ausland erleichert, Devisen ins Land zu transferieren. Mittlerweile sind diese Überweisungen eine der Hauptdevisenquellen des Landes. Doch das wohlhabende Nachbarland Botswana hat begonnen, illegale Einwanderer aus Zimbabwe, die in großer Zahl ins Land kamen, wieder abzuschieben.

Die grundlegenden wirtschaftlichen Probleme des Landes bleiben ungelöst. In Bulawayo, der zweitgrößten Stadt des Landes, starben nach Angaben der städtischen Gesundheitsbehörde allein im Juli 29 Menschen an Hunger. Bulawayo wird vom MDC regiert. In den staatlichen Medien wurde über die Hungertoten nicht berichtet.