raucherecke

Lächeln & lügen

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Da sitzen sie, zwei alte Männer, weißhaarig und gelassen, dazwischen zwei angepasste Journalisten, eher Aufmerksamkeit heischend als kritisch – und alle lächeln. Wir befinden uns in der Berliner American Academy, Michael Blumenthal und Richard Perle sollen Rede und Antwort stehen. Moment, Richard Perle? Der Falke? Der, der im Ohr des Präsidenten sitzt und andauernd ruft: Krieg gegen Saddam! Krieg! Jaja, der. Wie lustig.

Blumenthal, heute Direktor des Jüdischen Museums in Berlin, und Perle lassen schnell die vielfach gehörten Phrasen aus dem US-Präsidentschaftswahlkampf vom Stapel. Ein wenig entrüstet sich Blumenthal: »Bush hat eine unglaublich inkompetente Amtszeit hingelegt!« Gelassen, keinen Sieg erwartend, gibt sich Perle: »Wir haben keine Massenvernichtungsmittel finden können, aber einen schrecklichen Diktator beseitigt. Ist doch was!«

Perle mag Kerry nicht und drückt das sehr galant aus, Blumenthal mag Bush nicht und versucht, sympathisch auf das Publikum zu wirken. Perle ist zu charmant, um den markigen Bösewicht auch nur erahnen zu lassen. »Wir haben in Washington längst nicht so viel Macht, wie gerne angenommen wird. Ich wünschte, es wäre anders«, schmunzelt er auf die Frage, wie es denn nun um die Neocons in den USA bestellt sei. Blumenthal ist irgendwie zu alt und zu schwafelig, um dem etwas wirklich Schwungvolles entgegenzusetzen.

Dazwischen lächelt andauernd Peter Frei, der Hauptstadtstudioleiter des ZDF. Neben ihm versucht der Chef des Berliner Büros der New York Times, Richard Bernstein, so neutral zu sein, wie es eben geht. Mal ans Eingemachte gehen? Mal mit Daten und Zusammenhängen kritisieren? Die Rolle von Perle in Frage zu stellen? Oder gar provozieren? Lieber nicht, scheinen sich hier alle Anwesenden zu denken.

Perle schafft einen Lacher mit dem totgetretenen Wahlkampf-Witz, es sei ja toll, zu neuen Erkenntnissen zu gelangen, aber Kerry tue es eben alle 72 Stunden. Und deshalb möge er selbst eben Bush, den hartnäckigen Überzeugungstäter. Blumenthal dagegen verteidigt Kerry, will mit Perle Konkreteres aber doch lieber beim gemeinsamen Abendessen besprechen.

Wie zu erwarten war, blieb an diesem Abend für die innenpolitischen Probleme der USA kaum Zeit. Das beherrschende Thema des Abends war der Irak. Auch Sätze von Perle wie »Demokratie müssen die Iraker alleine machen« konnten die friedliche Atmosphäre im Raum nicht durchbrechen.