Den Feind im Blatt

Um eine Strafe wegen politischer Betätigung abzuwenden, hat sich der Asta der Berliner Humboldt-Universität mit den Klägern auf einen schlechten Kompromiss geeinigt. von daniél kretschmar

Es ging um Artikel in der Huch, der »Zeitung der studentischen Selbstverwaltung« der Berliner Humboldt Universität. Genauso gut hätte es die finanzielle Unterstützung einer hochschulfremden politischen Gruppe sein können oder der Druckkostenzuschuss für einen Demonstrationsaufruf. Einzelpersonen, die zum Teil dem RCDS angehören, sahen eine unrechtmäßige politische Meinungsäußerung – und klagten dagegen.

Doch zum erstem Mal im seit Jahrzehnten dauernden Streit um das so genannte Politische Mandat der Studierendenschaften einigte sich der ReferentInnenrat (Asta) der Humboldt Universität zu Berlin mit den KlägerInnen außergerichtlich. Der Asta, seit 1999 vom Amtsgericht Berlin wegen angeblich unzulässiger politischer Betätigung mehrfach mit Ordnungsgeldern belegt, konnte somit eine Strafe von bis zu 30 000 Euro abwenden.

Bisher waren solche juristischen Streits stets mit allen Mitteln ausgetragen worden, wie in den vergangenen 35 Jahren bei linken Asten so üblich. Unzählige Male sahen sich die Studierendenvertretungen mit den Versuchen rechter bis rechtsextremer KommilitonInnen konfrontiert, ihr politisches Engagement auf gerichtlichem Wege verbieten zu lassen. Und die Erfolgsaussichten vor Gericht waren stets gering angesichts eines hanebüchenen juristischen Konstrukts, das Äußerungen und Aktivitäten der Asten über den Bereich der Hochschule hinaus mit der Begründung verbietet, Studierende könnten damit in ihren Persönlichkeitsrechten eingeschränkt werden.

In aller Regel gab es zwei Alternativen für die Asten: Entweder man tat, als wäre nichts geschehen, und ließ sich mit sukzessive ansteigenden Ordnungsgeldern traktieren, oder man schränkte die politische Betätigung erheblich ein, um der drohenden Zahlungsunfähigkeit zu entgehen. Die Asten wurden auf diese Weise praktisch mundtot gemacht, ob durch Pleiten oder Selbstzensur. Dennoch vermieden beide Varianten immerhin eine direkte Anerkennung der Ansprüche der KlägerInnen.

Eine außergerichtliche Einigung kommt dagegen einem Dammbruch gleich, kann doch ein gewisses Schuldbewusstsein auf Seiten der Beklagten zumindest unterstellt werden. Personen, deren Leumund sie nicht gerade als geeignete Partner einer zumindest nominell links dominierten Struktur ausweist, die mit juristischen Mitteln gegen linke Strukturen kämpfen, wird auf diese Weise Legitimation verschafft. Der vom ReferentInnenrat noch vor zwei Jahren nicht ohne Pathos betonte politische Charakter der Verfahren, die Unmöglichkeit einer Annäherung auch nur der Kampfmittel, geschweige denn der inhaltlichen Positionen, wird an der Humboldt Universität inzwischen offensichtlich ignoriert. Damit nicht genug wird der Pragmatismus aber noch bis in die Nähe eines politischen Suizids fortgesetzt: Für die Verpflichtung der KlägerInnen, vorerst keine Ordnungsgeldanträge mehr zu stellen, wurde ihnen in der Huch Raum zur unzensierten Veröffentlichung ihrer Positionen überlassen. So soll eine ausgewogene Darstellung unterschiedlicher Meinungen erreicht werden.

Fraglich bleibt, ob wenigstens die Rechnung des ReferentInnenrates aufgeht, ist das Papier doch lediglich für die bisherigen KlägerInnen, nicht aber für eventuelle Nachahmer und die Gerichte bindend.